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Bewerbungsunterlagen, Vorstellungskosten und Datenschutz – was müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Bewerbungsverfahren beachten?

Der Abschluss eines Arbeitsvertrags ist die Krönung des erfolgreichen Bewerbungsverfahrens. Regelmäßig kennen späterer Arbeitgeber und Arbeitnehmer einander zuvor nicht, treten vielmehr erst im Rahmen eines arbeitgeberseitig veranlassten Bewerbungsverfahrens miteinander in einen ersten Kontakt. Dabei sind die Bewerbungsverfahren als solche ebenso vielgestaltig wie die daraufhin eingehenden Bewerbungen. Denkbar ist die Stellenausschreibung durch den Arbeitgeber selbst oder durch beauftragte Dienstleister (Personalvermittler/„Headhunter“). Die Bewerbung des Interessenten kann sowohl mündlich (telefonisch; eher unüblich) als auch schriftlich bzw. elektronisch (E-Mail) erfolgen.

In jedem Bewerbungsverfahren entäußert sich der Bewerber in mehr oder minder großem Umfang persönlicher Daten, die regelmäßig beim Arbeitgeber bzw. dem beauftragten Dienstleister gespeichert werden. Hier stellt sich die Frage, wie mit solchen Daten umzugehen ist.

Bewerbungsverfahren sind für den Bewerber stets mit Kosten verbunden. Beispielhaft sind solche für die Anfertigung von Porträtfotos (wenngleich vermehrt der Trend propagiert wird, Bewerbungsunterlagen ohne Fotografie des Bewerbers einzureichen), Druck von Bewerbungsunterlagen, sowie Fahrtkosten bei Anreise zum Bewerbungsgespräch. Wer trägt diese Kosten insbesondere bei erfolgloser Bewerbung?

Im Zusammenhang damit steht auch die Frage nach Rechtschutzmöglichkeiten des Bewerbers. Den einzelnen Fragen soll im Folgenden nachgegangen werden:

1. Form und Inhalt einer Stellenbewerbung

Voranzustellen ist, dass es keine gesetzlichen Vorgaben für Form und Inhalt einer Stellenbewerbung gibt.

Regelmäßig äußert der Stellenanbieter seine Vorstellungen hinsichtlich der Ausgestaltung der konkreten Bewerbung. War in der Vergangenheit die akkurate Bewerbung in Papierform üblich, treten nun vermehrt Bewerbungen in elektronischer Form in den Vordergrund. Dabei haben sich gewisse Üblichkeiten bei der Erstellung einer Bewerbung herausgebildet. Diese besteht bis heute regelmäßig aus dem Bewerbungsanschreiben, dem Lebenslauf und aussagekräftigen Zeugnissen, Zertifikaten, Referenzen o. Ä. Anschreiben bzw. Lebenslauf werden häufig mit einem Porträtfoto des Bewerbers versehen.

Von der Verwendung eines „Selfies“ ist dringend abzuraten. Häufig ist die Qualität eines solchen Fotos nicht ausreichend. Gerade lockere Selfie-Posen bewirken bei vielen Arbeitgebern Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bewerbung oder des Bewerbers selbst.

2. Kosten von Bewerbungsunterlagen

Die Kosten der Erstellung der Bewerbungsunterlagen trägt grundsätzlich der Bewerber selbst. Fraglich ist, unter welchen Vorrausetzungen der Bewerber einen Ersatz der getätigten Aufwendungen vom Arbeitgeber verlangen kann:

Ein Ersatz solcher Aufwendungen kommt nur unter Rückgriff auf die Vorschrift des § 670 BGB in Betracht. Diese Norm gibt einem „Beauftragten“ einen Anspruch auf Ersatz derjenigen Aufwendungen, die er zum Zwecke der Ausführung des „Auftrags“ den Umständen nach für erforderlich halten durfte.

Ein Aufwendungsersatz kommt also nur dann in Betracht, wenn überhaupt ein Auftragsverhältnis zwischen dem Bewerber und dem die Stelle ausschreibenden Arbeitgeber besteht. Das Auftragsverhältnis ist ein solches vertraglicher Natur. Es ist zwischen Arbeitgeber und Bewerber überhaupt nur dann denkbar, wenn der Arbeitgeber eine Stelle ausgeschrieben und damit Bewerber, wenn auch nicht konkret personalisiert, zur Bewerbung aufgefordert hat. Es scheidet von vornherein bei bloßen Initiativbewerbungen aus.

Aber auch bei erbetenen Bewerbungen wird allgemein angenommen, dass der Bewerber die Kosten für die Bewerbungsunterlagen und deren Versand (Druckkosten, Fotografie, Kopien, Porto) nicht erstattet verlangen kann. Dies soll auch für die Kosten eines etwaig verlangten Führungszeugnisses gelten.

Dieser Betrachtungsweise mag für die Kosten der Erstellung der Bewerbungsunterlagen zu folgen sein. Regelmäßig geht es um vergleichsweise geringe Kosten, die zum Teil auch einheitlich für eine Vielzahl von Bewerbungen anfallen (z.B. Fotografenvergütung). Verlangt der Arbeitgeber aber in einer Stellenausschreibung ein Führungszeugnis des Bewerbers, dürfte durchaus von einem Auftragsverhältnis im Sinne von § 662 BGB auszugehen sein. Dann wäre ein Erstattungsanspruch des Bewerbers zu bejahen.

Erstattungsansprüche werden Bewerbern nach überwiegender Auffassung hinsichtlich Kosten solcher Unterlagen zugesprochen, die als gänzlich außergewöhnlich bzw. besonders kostenintensiv zu begreifen sind. Beispielhaft wird auf medizinisch-psychologische Eignungsgutachten für Kraftfahrer verwiesen. Aus praktischer Sicht mag dem gefolgt werden, in rechtlicher Hinsicht ist eine Differenzierung zwischen der Erstattungspflicht betreffend gewöhnlicher und außergewöhnlicher Aufwendungen im Bewerbungsverfahren nicht nachvollziehbar.

3. Verpflichtung zur Rücksendung?

Werden Bewerbungsunterlagen in schriftlicher Form/Papierform beim Arbeitgeber eingereicht, hat der Bewerber bei Erfolglosigkeit seiner Bewerbung häufig ein Interesse an Rückgabe (umso z.B. eine Original-Portraitfotografie erneut verwenden zu können etc.).

Der Bewerber hätte einen Anspruch auf Rückgabe der Unterlagen, wenn er Eigentümer derselben geblieben ist. Dies wird man regelmäßig annehmen. Der Bewerber kann also stets seine Bewerbungsunterlagen zurückfordern und beim die Stelle ausschreibenden Arbeitgeber wieder abholen. Dieser hat regelmäßig kein Recht, die Bewerbungsunterlagen zurückzuhalten.

Fraglich ist aber, ob die Unterlagen auch auf Kosten des Arbeitgebers zurückzusenden sind.

Hier wird abermals zwischen Initiativbewerbungen und solchen aufgrund Stellenausschreibung des Arbeitgebers unterschieden. Bei Initiativbewerbungen wird ein Rücksendungsanspruch unter Kostenbelastung des Arbeitgebers verneint. Der Bewerber wird seine Bewerbungsunterlagen also nur zurückerlangen, wenn er die Kosten der Rücksendung trägt. Hier empfiehlt sich die Beifügung eines Freiumschlags.

Aufgrund einer Stellenausschreibung übersandte Bewerbungsunterlagen muss der Arbeitgeber aber auf eigene Kosten dann an den Bewerber zurücksenden, wenn dessen Bewerbung bei der Stellenbesetzung nicht berücksichtigt wurde, also erfolglos blieb. Bei erfolgreicher Stellenbewerbung werden die Bewerbungsunterlagen regelmäßig Bestandteil der im Betrieb des Arbeitgebers zu führenden Personalakten.

4. Bewerberdaten und Datenschutz

Im Bewerbungsverfahren erlangt der Arbeitgeber typischerweise eine Vielzahl von Daten, welche auf den Bewerber bezogen sind. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erfasst personenbezogene Daten, die unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeitet, genutzt oder dafür erhoben werden (§ 27 Abs. 1 BDSG).

Im Zusammenhang mit Beschäftigungsverhältnissen und damit auch im Rahmen deren Anbahnung werden auch „nicht automatisierte“ Daten besonders geschützt. Gemäß § 32 Abs. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.

Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung stehen damit unter strengem Erforderlichkeitsvorbehalt. Damit einhergehend verpflichtet der Gesetzgeber zur Löschung personenbezogener Daten z.B. dann, wenn diese für eigene Zwecke verarbeitet werden und die Kenntnis dieser Daten für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist (§ 35 Abs. 2 Nr. 2 BDSG).

Das bedeutet, dass auch im Bewerbungsverfahren nur erforderliche und im Übrigen rechtmäßige Daten erhoben und nur bis zur Zweckerreichung gespeichert werden dürfen. Erfasst der Arbeitgeber also in elektronischer Form Bewerberdaten, sind diese schon nach den Vorgaben des BDSG regelmäßig zu löschen, wenn sie nicht mehr „erforderlich“ sind.

Nach unserer Auffassung sind im Bewerbungsverfahren erhobene Daten nicht schon dann zu löschen, wenn eine Auswahlentscheidung getroffen wurde und die nicht ausgewählten Bewerber eine Absage erhalten haben. Wir meinen, dass es berechtigte Interessen für eine weitere Datenspeicherung solange gibt, wie noch die Möglichkeit besteht, dass abgelehnte Stellenbewerber Ansprüche gegen den Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Ablehnung geltend machen, so z.B. bei behaupteten Verstößen der Auswahlentscheidung gegen die Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) oder bei Verletzung des im öffentlichen Dienst zu beachtenden Grundsatzes der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG). In letzterem Fall kommen langwierige Konkurrentenklageverfahren (https://www.gloistein-partner.de/konkurrenzschutz-im-oeffentlichen-dienst-bei-der-besetzung-von-stellen-wie-sichern-bewerber-ihre-rechte; https://www.gloistein-partner.de/der-abgelehnte-bewerber-fuer-den-oeffentlichen-dienst-voraussetzungen-und-grenzen-des-Rechtsschutzes) in Betracht, bei denen der öffentliche Arbeitgeber regelmäßig ein Interesse daran haben dürfte, noch auf die gespeicherten Bewerberdaten zurückzugreifen.

 

5. Vorstellungskosten und Erstattungsanspruch/Ausschluss von Ansprüchen

Fordert der Arbeitgeber einen Bewerber zur Vorstellung auf, hat er ihm sämtliche Aufwendungen zu ersetzen, die der Bewerber den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören solche für Fahrtkosten, Mehrkosten für Verpflegung und gegebenenfalls Übernachtung (BAG, Urteil vom 29.06.1988, Az. 5 AZR 433/87).

Danach werden stets Kosten für Fahrten mit der Bahn (2. Klasse) und/oder Kosten der Nutzung des Pkw in üblicher Höhe (Kraftstoff, pauschalierter Abnutzung) und erforderliche Parkgebühren zu erstatten sein.

Höchst streitig ist, ob auch Flugkosten oder Kosten der Bahnfahrt 1. Klasse zu erstatten sind. Zum Teil wird hier angenommen, bei besonders hochwertigen Stellen komme eine solche Kostenerstattung in Betracht (Arbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 15.05.2012, Az. 2 Ca 2404/12: Verneint bei Bewerbung um eine nach dem Tarifwerk des öffentlichen Dienstes vergütete Stelle). In der Rechtsprechung wird aber auch die Auffassung vertreten, Flugkosten wären nur dann zu erstatten, wenn der Arbeitgeber die Übernahme derselben im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens zugesagt hat (AG Hamburg, Urteil vom 02.11.1994, Az. 13 Ca 24/94).

Übernachtungskosten werden nur dann zu erstatten sein, wenn dem Bewerber die Hin- bzw. Rückfahrt vor bzw. nach Beendigung des Vorstellungsgesprächs unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zugemutet werden kann. Hier ist also stets eine einzelfallbezogene Wertung vorzunehmen, die naturgemäß rechtliche Unsicherheiten mit sich bringt.

Unbeachtlich ist im Übrigen, ob der Arbeitgeber selbst zu einem Vorstellungstermin einlädt oder aber ein beauftragter Dienstleister (Personalvermittler). Das BAG geht davon aus, dass sich der Arbeitgeber die Einladung eines Stellenbewerbers zum Vorstellungsgespräch durch einen von ihm beauftragten Personalvermittler/Dienstleister zurechnen lassen müsse. Der beauftragte Dienstleister handele regelmäßig als Vertreter des die Stelle ausschreibenden Arbeitgebers (BAG, Urteil vom 29.06.1988, Az. 5 AZR 433/87).

Der Bewerber wird auf keinen Fall einen Anspruch auf Ersatz des im erfolglosen Bewerbungsverfahrens getätigten Zeitaufwands haben. Solche Ansprüche werden regelmäßig mit der Begründung verneint, mit derartigen Kosten brauche der Arbeitgeber nicht zu rechnen, sie seien nicht verkehrsüblich.

Nach allgemeiner Auffassung sollen Erstattungsansprüche des Bewerbers wirksam ausgeschlossen werden können. Allerdings wird insoweit gefordert, dass die Parteien hierüber eine Vereinbarung treffen oder aber der Arbeitgeber ausdrücklich auf die nicht gegebene Bereitschaft der Kostenübernahme verweist (ArbG Kempten, Urteil vom 12.04.1994, Az. 4 Ca 720/94).

Ein Erstattungsausschluss soll aber nicht schon dadurch herbeigeführt werden können, dass der Arbeitgeber einen Bewerber zu einer „unverbindlichen Rücksprache“ einlädt.

 

6. Durchsetzung von Erstattungsansprüchen

Kommt der Arbeitgeber seinen vorstehend beschriebenen Kostenerstattungsverpflichtungen nicht nach, ist der Bewerber nicht rechtlos. Er kann vielmehr den Kostenerstattungsanspruch gerichtlich verfolgen. Zuständig sind insoweit die Arbeitsgerichte. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Arbeitsgericht am Sitz des Arbeitgebers anzurufen ist.

 

7. Steuerliche Absetzbarkeit von Werbungskosten

Gleich ob die Bewerbung erfolgreich oder erfolglos war – die im Zusammenhang mit der Suche nach einem Arbeitsplatz getätigten Aufwendungen sind als vorab entstandene Werbungskosten steuerlich absetzbar. Selbstverständlich kommt eine Geltendmachung solcher Aufwendungen als Werbungskosten nicht in Betracht, soweit Erstattungen des Arbeitgebers/der besuchten Unternehmen oder z.B. der Agentur für Arbeit im Rahmen von Bewerbungskostenzuschüssen erfolgt sind!

Absetzungsfähige Bewerbungskosten können sich nach der Rechtsprechung von Finanzgerichten (FG) aus folgenden Positionen ergeben:

– überregionale Tageszeitungen mit bekannt großem Stellenmarkt, wie z.B. Wochenendausgaben der „Süddeutschen Zeitung“, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FG Köln, Urteil vom 07.07.1993, Az. 6 K 4481/92)

– Erstellung schriftlicher Bewerbungsunterlagen: Zu berücksichtigen sind Kosten für etwaige amtliche Beglaubigungen, Hefter/Präsentationsmappen, Bewerbungsfotos (gegebenenfalls anteilig), Papier, Porto etc.. Die Kosten sind im Einzelfall nachzuweisen. Kann dies nicht konkret erfolgen, kommen Schätzungen in Betracht. Das FG Köln hat in einer zurückliegenden Entscheidung Aufwendungen für eine schriftliche Bewerbung in Höhe von pauschal 8,50 € und für eine Bewerbung ohne Mappe (z.B. E-Mail-Bewerbung, Kurz- und Initiativbewerbung) in Höhe von 2,50 € pauschaliert anerkannt (FG Köln, Urteil vom 07.07.2004, Az. 7 K 932/03)

– Bewerbungskurse, Assessment-Center-Training, Fachliteratur (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.2007, Az. 4 K 280/06)

– Gegebenenfalls Aufwendungen für eigene Stelleninserate, Telefonate und Korrespondenzen im Zusammenhang mit einer Bewerbung

Absetzbar sind ferner nicht erstattete Reisekosten sowie etwaige Unfallkosten. Hingegen sollen Aufwendungen für adäquate Bekleidung und einen möglichen Verdienstausfall für Bewerbungszeiten nicht erstattungsfähig sein.

 

Fazit:

Schon im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens entstehen Rechtsbeziehungen zwischen dem Bewerber und dem Arbeitgeber, die sorgfältig zu beachten sind. Anderenfalls drohen lästige Rechtsstreitigkeiten.

Häufig empfiehlt sich schon vor Einleitung eines Bewerbungsverfahrens rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, dies auch im Hinblick auf die konkrete Ausgestaltung der Stellenbeschreibung. Auch in diesen Fragestellungen beraten und unterstützen wir Sie gerne.