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Elternzeit und Kündigung – welche Fristen haben Arbeitnehmer bei eigener Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu beachten?

Arbeitnehmer genießen nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz-BEEG) ab dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Elternzeit besonderen Schutz vor arbeitgeberseitigen Kündigungen. Nach § 18 Abs. 1 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Arbeitnehmer Elternzeit verlangt haben, nicht kündigen, wobei dieser der Elternzeit vorgelagerte Kündigungsschutz frühestens 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes und frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen dem 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes beginnt. Auch während der Elternzeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. Näheres finden Sie in unserem Beitrag: Elternzeit, Teilzeitbeschäftigung und Kündigungsschutz – was haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beachten?.

Was aber gilt, wenn Arbeitnehmer ihrerseits beabsichtigen, das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit oder zum Ende derselben durch Kündigung zu beenden?

Betrachtet man das BEEG, so fällt die dortige Regelung in § 19 auf. § 19 BEEG lautet wie folgt:

19 Kündigung zum Ende der Elternzeit

Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kann das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten kündigen.

 

1. Keine Beschränkung des arbeitnehmerseitigen Kündigungsrechts auf das Ende der Elternzeit

Auch wenn der Gesetzeswortlaut anderes suggerieren könnte, gilt, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die Elternzeit in Anspruch genommen haben, nicht daran gehindert sind, das Arbeitsverhältnis vorzeitig vor Beendigung der Elternzeit durch einseitige Kündigung zu beenden. Das Recht, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, besteht weiter. Liegt ausnahmsweise ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor, kann der Arbeitnehmer oder die Abnehmerin das Arbeitsverhältnis in der Elternzeit sogar fristlos beenden. Im Gegensatz zur Kündigung durch den Arbeitgeber (§ 18 Abs. 1 BEEG) bedarf eine solche Arbeitnehmerkündigung auch keiner behördlichen Zulässigkeitserklärung.

 

2. Kündigungsfristen für die Arbeitnehmerkündigung in der Elternzeit

Während der Elternzeit gelten die allgemeinen, für das jeweilige Arbeitsverhältnis maßgeblichen Kündigungsfristen weiter. Diese können sich aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder, wenn keine gesonderte Regelung getroffen wurde, aus dem Gesetz (§ 622 BGB) ergeben.

Diese allgemeinen Regelungen werden nicht durch diejenige in § 19 BEEG verdrängt. § 19 BEEG dient im Wesentlichen der Verbesserung der Kündigungssituation von sich in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmern dadurch, dass diesen ein Sonderkündigungsrecht zum Ende der Elternzeit eingeräumt wird. § 19 BEEG ermöglicht Arbeitnehmern, das Arbeitsverhältnis „punktgenau“ unabhängig von den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Kündigungsfristen zum Ende der Elternzeit zu beenden, wenn dies unter Beachtung der im Arbeitsverhältnis geltenden regulären Kündigungsfristen nicht möglich wäre.

Damit hat § 19 BEEG überhaupt nur eine Bedeutung, wenn die vom Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin regulär zu beachtenden Kündigungsfristen länger als die in § 19 BEEG festgelegte Frist von 3 Monaten zum konkreten Zeitpunkt der Beendigung der Elternzeit wären. Dies ist häufig bei lang andauernden Arbeitsverhältnissen der Fall. So ist z.B. in einer Vielzahl von Arbeitsverträgen geregelt, dass die in Abhängigkeit von der Betriebszugehörigkeitsdauer für die Arbeitgeberkündigung verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB auch für Arbeitnehmer gelten und von diesen bei der Arbeitnehmerkündigung zu beachten sind.

Die meisten Arbeits- und Tarifverträge sowie das Gesetz gestatten eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur zu bestimmten Terminen (z.B. zum 15. eines Monats, Monatsende, Quartalsende, Jahresende). Häufig endet die arbeitnehmerseitig in Anspruch genommene Elternzeit aber zu einem Zeitpunkt, der nicht mit einem solchen möglichen Beendigungstermin für eine Kündigung übereinstimmt. § 19 BEEG lässt dann die Arbeitnehmerkündigung auch zu einem von den üblichen Kündigungsterminen abweichenden Termin (nämlich dem der Ende der Elternzeit) zu, sofern nur die Mindestkündigungsfrist von 3 Monaten eingehalten ist.

Das Vorstehende ist an folgenden Beispielen zu verdeutlichen:

– Frau X hat am 17. November ein Kind geboren. Sie nimmt Elternzeit bis zum 17. November des Folgejahres in Anspruch. Ein im Arbeitsverhältnis zur Anwendung gelangender Tarifvertrag bestimmt für Frau X eine ordentliche Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende.

Frau X stellt nun fest, dass Sie ab dem Termin der Beendigung der Elternzeit keine hinreichende Möglichkeit der Kinderbetreuung hat. Sie möchte das Arbeitsverhältnis beenden.

Frau X bleibt es unbenommen, das Arbeitsverhältnis mit der tarifvertraglichen Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Quartalsende zu kündigen. Denkbare Kündigungstermine wären damit der 30. September oder 31. Dezember. Eine „punktgenaue“ Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ende der Elternzeit wäre nicht möglich. Darüber hinaus müsste Frau X sehr frühzeitig eine Kündigungsentscheidung treffen, um dann noch unter Wahrung der maßgeblichen Kündigungsfrist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen.

Hier kann sich Frau X entscheiden, das Arbeitsverhältnis unter Bezugnahme auf § 19 BEEG zum 17. November (Zeitpunkt der Beendigung der Elternzeit) zu kündigen. Die Kündigung muss dem Arbeitgeber einen Tag vor dem Tag zugehen, der in seiner Benennung dem Ende der Elternzeit entspricht, dies selbstverständlich unter Beachtung der gesetzlichen Frist von 3 Monaten. Im vorliegenden Beispiel bedeutet dies, dass die Kündigungserklärung dem Arbeitgeber spätestens am 16. August zugehen müsste.

– Frau Y hat Elternzeit bis zum 31. Mai in Anspruch genommen. Im Arbeitsverhältnis gilt eine Kündigungsfrist von 4 Wochen zum 15. oder Monatsende. Frau Y beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis zum Ende der Elternzeit zu kündigen.

Hier kann Frau Y das Arbeitsverhältnis mit der in Ihrem Arbeitsverhältnis maßgeblichen Frist von 4 Wochen zum Ablauf des 31. Mai kündigen. Die Kündigungserklärung muss dem Arbeitgeber dann spätestens am 3. Mai zugegangen sein, sofern es sich bei diesem Tag um einen Werktag handelt. Die Kündigungsfristenregelung des § 19 BEEG kommt für Frau Y nicht zum Tragen, sie benötigt dieses Sonderkündigungsrecht und die damit einhergehende Sonderkündigungsfrist nicht.

 

3. Fazit

Arbeitnehmern fällt es ebenso wie Arbeitgebern häufig schwer, die arbeitsrechtlichen Besonderheiten bei Schwangerschaft und Elternzeit, nicht zuletzt aufgrund komplizierter gesetzlicher Regelungen und zum Teil missverständlicher Gesetzesformulierungen, in allen Einzelheiten nachzuzeichnen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Wir unterstützen Sie hierbei gerne.