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Elternzeit, Teilzeitbeschäftigung und Kündigungsschutz – Was haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beachten?

Nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter den im Einzelnen geregelten Voraussetzungen Anspruch auf Elternzeit. Die Inanspruchnahme von Elternzeit setzt voraus, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihrem Kind oder einem angenommen bzw. anzunehmenden Kind in einem Haushalt leben und dieses Kind selbst betreuen und erziehen. Gemäß § 15 Abs. 2 BEEG besteht der Anspruch auf Elternzeit bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes. Über weitere Einzelheiten hierzu unterrichten wir Sie auf unseren Informationsseiten.

 

Die Inanspruchnahme von Elternzeit setzt nicht zwingend voraus, dass jegliche berufliche Tätigkeit unterbleibt. Der Gesetzgeber hat vielmehr vorgesehen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während der Elternzeit einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen können. Eine solche soll sich auf den Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden beziehen. Tätigkeiten mit einem Volumen von mehr als 30 Stunden pro Woche sind elternzeitschädlich!

 

1. Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit

Eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von bis zu 30 Wochenstunden kann beim bisherigen Arbeitgeber geleistet werden. Gemäß § 15 Abs. 4 BEEG kommt auch Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder eine selbstständige Tätigkeit in Betracht. Allerdings ist insoweit die Zustimmung des bisherigen Arbeitgebers erforderlich. Dieser kann sie nur innerhalb von vier Wochen aus dringenden betrieblichen Gründen schriftlich ablehnen.

Das Gesetz gibt Arbeitnehmern  und Arbeitgebern auf, sich auf eine Verringerung der Arbeitszeit zu verständigen. Gemäß § 15 Abs. 5 BEEG kann die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer eine Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ausgestaltung beim Arbeitgeber beantragen. Hierüber soll binnen einer Frist von vier Wochen eine Einigung erzielt werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber unter den Voraussetzungen von § 15 Abs. 7 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner oder ihrer Arbeitszeit beanspruchen.

Ein auch arbeitsgerichtlich durchzusetzender Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit besteht nur unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt, das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate besteht, die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit für mindestens zwei Monate auf einen Umfang zwischen 15 und 30 Wochenstunden verringert werden soll und dem Anspruch keine „dringenden betrieblichen Gründe“ entgegenstehen. Des Weiteren setzt das BEEG voraus, dass der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung dem Arbeitgeber sieben Wochen vor Beginn der Tätigkeit schriftlich mitgeteilt wurde.

Der Antrag auf Aufnahme einer Teilzeittätigkeit muss den Beginn und den Umfang der verringerten Arbeitszeit enthalten. Hingegen ist nicht zwingend erforderlich, dass die Verteilung der verringerten Arbeitszeit im Antrag angegeben wird. Allerdings ist dringend dazu zu raten.

Will der Arbeitgeber die beanspruchte Verringerung der Arbeitszeit ablehnen, muss er dies innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung tun. Erklärt sich der Arbeitgeber binnen vier Wochen nicht oder aber lehnt er den Antrag ab, ist der antragstellende Arbeitnehmer/die antragstellende Arbeitnehmerin gehalten, den Rechtsweg zum Arbeitsgericht zu beschreiten!

Das Gericht prüft dann, ob die Anspruchsvoraussetzungen für eine Teilzeitbeschäftigung gegeben sind. Im Regelfall wird besonderer Streit um entgegenstehende „dringende betriebliche Gründe“ entbrennen. Hier gilt allerdings, dass der Arbeitgeber gehalten ist, derartige besondere Gründe, die aus seiner Sicht gegen eine Teilzeitbeschäftigung sprechen, darzulegen und zu beweisen.

 

2. Kündigungsschutz während der Elternzeit und einer Teilzeitbeschäftigung

Gemäß § 18 Abs. 1 BEEG darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ab dem Zeitpunkt, von dem an Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch acht Wochen vor Beginn der Elternzeit und während der Elternzeit nicht kündigen. Dieses Kündigungsverbot gilt auch, wenn Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen während der Elternzeit bei demselben Arbeitgeber Teilzeitarbeit leisten (§ 18 Abs. 1, 2 Nr. 1 BEEG).

In besonderen Fällen kann ausnahmsweise eine Kündigung für zulässig erklärt werden, die Zulässigkeitserklärung erfolgt durch die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. In Sachsen-Anhalt ist das Landesamt für Verbraucherschutz (Gewerbeaufsicht) zuständig.

Erfahrungsgemäß erteilen die Gewerbeaufsichtsämter Zustimmungen zum Ausspruch von Kündigungen während der Elternzeit kaum. Denkbar ist eine Zustimmung in Fällen der Betriebseinstellung oder in ähnlich gravierenden Situationen.

 

3. Kündigungsfristen bei Teilzeitbeschäftigung

Leistet eine Arbeitnehmerin/ein Arbeitnehmer während der Elternzeit Arbeitsleistungen bei einem anderen Arbeitgeber, erfolgt dies regelmäßig auf der Grundlage eines eigenständigen Arbeitsvertrags. Für diesen gelten dann die allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts. Soweit vertraglich nichts anderes vereinbart worden ist, kann dieses Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB gekündigt werden. Häufig wird eine Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers während der Elternzeit bei einem anderen Arbeitgeber im Rahmen einer Befristung erfolgen.

Probleme wirft aber die Bestimmung der Kündigungsfrist bei einer Teilzeitbeschäftigung beim bisherigen Arbeitgeber auf: Hier könnte darüber nachgedacht werden, das Arbeitsverhältnis betreffend die Teilzeittätigkeit während der Elternzeit als „neues“ Vertragsverhältnis zu begreifen. Dann würden nach § 622 BGB typischerweise in dem Teilzeitbeschäftigungsverhältnis nur sehr kurze Kündigungsfristen greifen.

Die Teilzeitbeschäftigung in der Elternzeit als eigenständiges/neues Arbeitsverhältnis zu begreifen, wird von der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung abgelehnt. Es wird vielmehr davon ausgegangen, dass das teilweise ruhende Arbeitsverhältnis und das Teilzeitarbeitsverhältnis ein einheitliches Arbeitsverhältnis darstellen (BAG, Urteil vom 22.10.2008, Az. 10 AZR 360/08).

Das Bundesarbeitsgericht hat in zwei Entscheidungen erwogen, ein Teilzeitarbeitsverhältnis während der Elternzeit als eigenständiges Arbeitsverhältnis dann anzuerkennen, wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien völlig neu geordnet werden (BAG, Urteil vom 23.04.1996, Az. 9 AZR 996/94).

Von einer solchen „völligen Neuordnung“ wird aber nur dann auszugehen sein, wenn sich die Arbeitstätigkeit in der Teilzeitbeschäftigung maßgeblich von derjenigen im vorherigen Arbeitsverhältnis unterscheidet und auch in sonstiger Weise gänzlich andere Regelungen im Beschäftigungsverhältnis zur Anwendung gelangen sollen. Im Regelfall werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt sein.

 

Insgesamt gilt: Teilzeitbeschäftigungen von Arbeitnehmern in der Elternzeit ziehen häufig komplexe Rechtsfragen nach sich. Hier beraten wir Sie gerne.