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Wirksamkeit einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

Jeder Download von Musikdateien oder die Verwendung von Bildern aus dem Internet birgt das Risiko in sich, dass damit Urheberrechte verletzt werden. Bekanntermaßen folgt die Strafe oftmals auf dem Fuße in Form einer Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung durch eine vom Inhaber des Urheberrechts beauftragte Anwaltskanzlei und es stellt sich dann die Frage, ob die Unterlassungserklärung unterschrieben werden muss und ob die von der Anwaltskanzlei berechneten Anwaltsgebühren für die Abmahnung bezahlt werden müssen. Für beide Fragen lautet die Antwort: grundsätzlich ja, wenn die Abmahnung und die mit ihr verbundene strafbewehrte Unterlassungserklärung wirksam ist. Die Wirksamkeit der Abmahnung und der Unterlassungserklärung ist aber oftmals nicht so eindeutig, wie man nach dem Ton der übersandten Abmahnungen erst einmal glaubt.

Der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs kann vom Schuldner als außergerichtliche Unterlassungserklärung nicht mehr verlangen als was er im Wege einer Klage durch gerichtliche Titulierung seines Anspruchs erreichen könnte. Die geforderte außergerichtliche Erklärung unterliegt also denselben Anforderungen an die Formulierung wie der Klageantrag. Ein solcher muss gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO als bestimmter Antrag formuliert sein. Der Verbotsantrag in einer Klage muss also so deutlich gefasst sein, dass sich der Beklagte dagegen erschöpfend verteidigen kann und es darf in der Zwangsvollstreckung, wenn dem im Erkenntnisverfahren gestellten Antrag Rechnung getragen würde, die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, nicht dem Vollstreckungsgericht überlassen werden. Eine allgemeine Verurteilung auf zum Repertoire des Gläubigers gehörende Werke ermöglicht es dem mit einem Vollstreckungsverfahren befassten Gericht nicht, im Falle eines Streits der Parteien zu beurteilen, ob es sich bei dem Werk, wegen dessen Verbreitung der Urheber die Verurteilung zu einem Ordnungsgeld begehrt, um ein zu seinem Repertoire gehörendes Werk handelt. Steht deshalb nicht eindeutig fest, welches Werk im Einzelnen gemeint ist, auf das sich der Unterlassungsantrag bezieht, ist dieser nur dann hinreichend bestimmt, wenn das Werk individualisierend beschrieben wird.

Für eine allgemeine, auf das gesamte und nicht auf ein konkret benanntes oder bezeichnetes Werk gerichtete außergerichtliche strafbewehrte Abmahnung mit Unterlassungserklärung hat dies zur Folge, dass eine solche Unterlassungserklärung das Risiko, ob ein unbekanntes Werk zum Repertoire des Gläubigers gehört, auf den Schuldner verlagert wird und diesen gegenüber einer titulierten Unterlassungsverpflichtung unverhältnismäßig benachteiligt. Deshalb ist im Falle einer vom Gläubiger vorformulierten Unterlassungserklärung eine gleichwohl abgegebene Verpflichtung nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil vom Unterlassungsgläubiger vorformulierte Unterlassungs- und Vertragsstrafeverpflichtungserklärungen den Regelungen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterfallen.

  • Wenn aber die geforderte Unterlassungserklärung nicht wirksam ist, kann der Gläubiger auch nicht die Erstattung seiner Aufwendungen für die Abmahnung zur Verhinderung künftiger Rechtsverletzungen fordern.

Oftmals wird der Anspruch auf Zahlung der Anwaltsgebühren für die Abmahnung als Schadenersatzanspruch begründet. Es ist allerdings bereits zweifelhaft, ob die Abmahnkosten einen Schaden darstellen, der auf der in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlung beruht. Mit der Abmahnung wird nicht eine bereits geschehene Gesetzesverletzung außergerichtlich verfolgt; die Abmahnung richtet sich vielmehr gegen die Gefahren, die aus zukünftiger Handlung des Abgemahnten drohen. Es sollen solche zukünftigen Handlungen verhindert werden. Die Abmahnung dient folglich der Verhinderung zukünftiger Verstöße, während der Schutzzweck des Schadensersatzanspruchs darauf gerichtet ist, Vermögenseinbußen auszugleichen, die aus der abgeschlossenen Verletzungshandlung herrühren. Deshalb reicht nach der Lehre vom Schutzzweck der Norm, welche die Schadenszurechnung im Einzelfall normativ begrenzt, allein die adäquate Verursachung der Abmahnkosten durch die Verletzungshandlung für die Schadenszurechnung nicht aus.

Hinzu kommt: eine Abmahnung, die den Verstoß nicht erkennen lässt und den Schuldner nicht in die Lage versetzt, eine wirksame Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, stellt eine unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung dar. Eine derartige Leistung steht der Nichtleistung gleich. Was im Bereich ärztlicher und zahnärztlicher Leistungen seit langem ein anerkannter Grundsatz ist, findet auch auf anwaltliche Dienstleistungen Anwendung. In einem solchen Fall kann der Dienstberechtigte die Zahlung des Honorars verweigern oder die Rückerstattung des bereits gezahlten Honorars verlangen.

  • Demnach entsteht dem Gläubiger im Falle einer unwirksamen Abmahnung kein Schaden durch Anwaltskosten.

Auch wenn also der unbefugte Download eines Musikstücks oder die unbefugte Verwendung eines Bildes oder andere unbefugte Verwertungen von Werken ohne jeden Zweifel eine Rechtsverletzung darstellen, so empfiehlt es sich durchaus, das Abmahnschreiben und die geforderte Unterlassungserklärung erst einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Wenn sich herausstellt, dass die Abmahnung und die Unterlassungserklärung unwirksam sind, sind Strategien möglich, die finanziellen Folgen der Rechtsverletzung zu minimieren, selbst dann, wenn die Unterlassungsverpflichtungserklärung schon unterschrieben worden ist und die Abmahnkosten eingefordert werden.