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Verschwiegenheitspflichten und Aussagegenehmigungen von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes – Was ist in gerichtlichen Verfahren zu beachten?
Zahlreiche, vor Gericht ausgetragene Rechtsstreitigkeiten berühren den Bereich des öffentlichen Dienstes. Gerade in zivilrechtlichen Angelegenheiten, die vor dem Amtsgericht, Landgericht oder Oberlandesgericht ausgetragen werden und in vielen Verfahren vor dem Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht finden regelmäßig Beweisaufnahmen statt. Vielfach können die entscheidungserheblichen Sachverhaltsfragen nur durch Vernehmung von Zeugen aufgeklärt werden.
Gerade bei innerdienstlichen Vorgängen, die für die Entscheidung in einem gerichtlichen Rechtsstreit von Bedeutung sind, wird es regelmäßig auf Zeugenaussagen von Angestellten des öffentlichen Dienstes bzw. Beamten ankommen. Für deren Vernehmung gelten gegenüber sonstigen Zeugen Besonderheiten:
1. Aussagegenehmigung für Beamte
Sollen Beamte in zivilrechtlichen Verfahren als Zeugen vernommen werden, ist das grundsätzlich bestehende Erfordernis der Erteilung einer Aussagegenehmigung zu beachten. Maßgebliche Vorschrift hierfür ist § 376 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift gelten für die Vernehmung von Richtern, Beamten und anderen Personen des öffentlichen Dienstes als Zeugen über Umstände, auf die sich ihre Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht und für die Genehmigung zur Aussage die besonderen beamtenrechtlichen Vorschriften.
Die beamtenrechtlichen Vorschriften sind für den Dienst in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Die maßgebliche Vorschrift für das Land Sachsen-Anhalt findet sich in § 61 Abs. 2 Beamtengesetz Sachsen-Anhalt. Danach darf der Beamte ohne Genehmigung über Angelegenheiten, die der Verschwiegenheitspflicht unterfallen, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben, solange keine entsprechende Genehmigung vorliegt.
2. Schweigepflicht und Aussagegenehmigung für Arbeitnehmer/Angestellte
Nach weit überwiegender Auffassung ist § 376 ZPO und das sich daraus ergebende Erfordernis der Erteilung einer Aussagegenehmigung nicht nur auf Beamte, sondern auch auf Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes anzuwenden. Demzufolge braucht der Arbeitnehmer für die Aussage vor Gericht eine Aussagegenehmigung, soweit seine Verschwiegenheitspflicht tangiert ist. Die Genehmigung ist dabei vom Prozessgericht selbst einzuholen.
Die Pflicht zur Verschwiegenheit folgt für Arbeitnehmer/Angestellte des öffentlichen Dienstes aus den regelmäßig auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Regelungen der einschlägigen Tarifverträge. Gemäß § 3 Abs. 1 TVöD/§ 3 Abs. 2 TV-L haben Beschäftigte über Angelegenheiten, deren Geheimhaltung durch gesetzliche Vorschriften vorgesehen oder vom Arbeitgeber angeordnet ist, Verschwiegenheit zu wahren. Diese Schweigepflicht verbietet es ihm, geheim zu haltende Angelegenheiten unbefugt einem Dritten, der das Geheimnis noch nicht kennt, zu offenbaren. Als Geheimnis können unterschiedliche Sachverhalte zu begreifen sein. Jedenfalls sind dienstliche Angelegenheiten und Verwaltungsabläufe geeignet, als zu verschweigende Tatsachen im Sinne von § 3 TVöD betrachtet zu werden. Die Pflicht zur Verschwiegenheit gilt über die Bedingung des Arbeitsverhältnisses hinaus!
Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes unterliegt der tarifvertraglichen Schweigepflicht auch vor Gericht, wenn er als Zeuge aussagen soll.
Verletzt ein Angestellter des öffentlichen Dienstes die auch vor dem Gericht bestehende Schweigepflicht, kann dies gravierende Konsequenzen haben. Pflichtverletzungen können abgemahnt werden. In besonders schwerwiegenden Fällen kommt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht.
Allerdings wird für etwaige Sanktionen regelmäßig erforderlich sein, dass dem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes die Schweigepflicht vor Gericht überhaupt bewusst ist. Eine irrtümliche Pflichtverletzung wird kaum als Anknüpfungspunkt für eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses taugen.
3. Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht
Die Verschwiegenheitspflichten von TVöD und TV-L können zur Folge haben, dass der Beschäftigte des öffentlichen Dienstes daran gehindert ist, eigene Rechtspositionen gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. so könnte die tarifvertragliche Schweigepflicht zum Beispiel zur Folge haben, dass der Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit über die zu treffende Eingruppierung die Tatsachen, die seinen Anspruch stützen würden, nicht vortragen darf.
Das Bundesarbeitsgericht hat herausgestellt, dass der Arbeitnehmer in solchen Fällen durchaus ein berechtigtes Interesse an der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht hat. Das BAG stellt auf die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ab, die diesen verpflichten soll, über die Frage der Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu entscheiden. Soweit keine übergewichtigen Interessen des Arbeitgebers an der Aufrechterhaltung der Verschwiegenheitspflicht bestehen, muss der Arbeitnehmer auch in einem gerichtlichen Rechtsstreit auf entsprechenden Antrag hin von der Verschwiegenheitspflicht entbunden werden (BAG, Urteil vom 10.08.1989, Az. 6 AZR 373/87).
Zu weitergehenden Fragen dieser Problematik beraten wir Sie gerne.
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