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Update Kurzarbeit – Was ist zu beachten bei Arbeitszeitguthaben, Krankheit, schwerbehinderten Arbeitnehmern und Geschäftsführern:

Die neuartige Atemwegserkrankung COVID-19, verursacht durch das Corona-Virus, hat die Bundesrepublik Deutschland erreicht. Die Bundesregierung, die Bundesländer und die Kommunen ergreifen zwischenzeitlich immer weitergehende Maßnahmen zur Eindämmung der Infektionsverbreitung. Dies hat erhebliche (z.T. existenzbedrohende) Nebenwirkungen für Unternehmen und Betriebe.

Immer mehr Betriebe verhängen Kurzarbeit. Auf die arbeitsrechtlichen Implikationen verweisen wir an anderer Stelle.

Nachstehend beleuchten wir einige aktuelle Fragen im Zusammenhang mit der Einführung von Kurzarbeit:

1. Kurzarbeitergeld bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

Hier sind 2 Konstellationen zu unterscheiden:

– Arbeitsunfähigkeit nach Kurzarbeitsbeginn:

Bezieht ein Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld und wird er anschließend arbeitsunfähig krank, gewährt die Bundesagentur für Arbeit für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und bei fortdauerndem erheblichem Arbeitsausfall Kurzarbeitergeld im Wege der Leistungsfortzahlung. Insoweit soll es auch unschädlich sein, wenn die Zeitpunkte von Kurzarbeit und Arbeitsunfähigkeit zusammenfallen.

Voraussetzung ist aber auch hier, dass Arbeitnehmer überhaupt von einer Kurzarbeiterregelung im Betrieb erfasst werden. Ohne entsprechende Rechtsgrundlage (Arbeitsvertrag) kann keine Kurzarbeit angeordnet werden. Der arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer kann dann die Fortzahlung der regulären (ungekürzten) Vergütung beanspruchen.

– Arbeitsunfähigkeit vor Kurzarbeitsbeginn

Ist ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig und kommt es dann zu Kurzarbeit, hat der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung zu leisten, solange noch keine Kurzarbeit ausgeführt wird. Sobald und solange ein Arbeitsausfall entsteht, wird das fortzuzahlende Entgelt jedoch um Ausfallzeiten gekürzt. Dies folgt schon aus § 4 Abs. 3 EFZG. Als Ergänzung zur gekürzten Entgeltfortzahlung wird Teilkrankengeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes gewährt (§ 47b Abs. 4 SGB V).

Auch hier ist aber zu beachten, dass vorstehende Erwägungen nur gelten, wenn das Arbeitsverhältnis des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers tatsächlich von Kurzarbeit berührt wäre. Dies setzt ebenfalls eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage voraus.

Sollten Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Kurzarbeit bereits länger als 6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt sein, bleibt es beim Bezug von Krankengeld. Arbeitnehmer, welche Krankengeld beziehen, erfüllen nach § 98 Abs. 3 Nr. 2 SGB III nicht die Voraussetzungen für Kurzarbeitergeld.

Soweit in Betrieben Kurzarbeit in einigen oder sämtlichen Bereichen eingeführt werden soll und diesen Bereichen Arbeitnehmer angehören, die noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten, sollte darauf hingewirkt werden, dass auch mit diesen erkrankten Arbeitnehmern eine Vereinbarung über Kurzarbeit getroffen wird.

2. Aufbrauchen eines Arbeitszeitguthabens

Kurzarbeitergeld wird nur bewilligt, soweit ein unvermeidbarer Arbeitsausfall gegeben ist. Gemäß § 96 Abs. 4 SGB III ist ein Arbeitsausfall nicht vermeidbar, wenn in einem Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen wurden, um den Eintritt des Arbeitsausfalls zu verhindern. Eine grundsätzlich zumutbare Vorkehrung im Sinne des Gesetzes ist auch das Aufbrauchen von Arbeitszeitguthaben auf einem Arbeitszeitkonto.

Die Auflösung eines Arbeitszeitguthabens kann von Arbeitnehmern nur in Ausnahmefällen nicht verlangt werden. Hier stellt das Gesetz auf folgende Fälle ab:

  • Arbeitszeitguthaben zur Überbrückung von Arbeitsausfällen außerhalb der Schlechtwetterzeit in Baubetrieben mit einem Umfang von max. 50 Stunden
  • Arbeitszeitguthaben für in § 7c Abs. 1 SGB IV genannte Zwecke (Pflege von Familienmitgliedern, Elternzeit, Verringerung der Arbeitszeit nach dem TzBfG)
  • Arbeitszeitguthaben zur Vermeidung der Inanspruchnahme von Saison-Kurzarbeitergeld (bedeutsam nur für das Baugewerbe)
  • Arbeitszeitguthaben von mehr als 10 % der regelmäßigen Jahresarbeitszeit
  • Arbeitszeitguthaben, welches länger als ein Jahr unverändert bestanden hat.

Beispiel:

Bei einer Vollzeitbeschäftigung von 40 Stunden pro Woche ergäbe sich für 52 Wochen pro Jahr eine regelmäßige Jahresarbeitszeit von 2184 Stunden. In einem solchen Fall wären also nur Arbeitszeitguthaben von mehr als 218,4 Stunden geschützt.

Nach den aktuellen „Fachlichen Weisungen Kurzarbeitergeld“ der Bundesagentur für Arbeit sind keine Abweichungen von den gesetzlichen Restriktionen im Hinblick auf das Einsetzen von Arbeitszeitguthaben gestattet. Auch das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld vom 13.03.2020 sieht keine Abweichungen vor.

Selbstverständlich kann erwogen werden, Arbeitszeitguthaben auszuzahlen. Soweit es entsprechende vertragliche Regelungen gibt, wäre ein Unternehmen dazu sogar verpflichtet.

Würde in Anbetracht eines absehbaren Bedürfnisses für Kurzarbeit ein Abbau von Arbeitszeitkonten durch Zahlung erfolgen, ohne dass eine rechtliche Verpflichtung dazu besteht, könnte dies als rechtsmissbräuchlich gewertet werden. Dies gefährdet die Bewilligung von Kurzarbeitergeld!

3. Kurzarbeit bei schwerbehinderten Arbeitnehmern

Für schwerbehinderte Menschen gelten im Hinblick auf Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld keine Besonderheiten. Die Integrationsämter sind bei der Anordnung/Vereinbarung von Kurzarbeit nicht zu beteiligen.

4. Kurzarbeitergeld für Geschäftsführer

Die Frage, ob Geschäftsführer einer GmbH kurzarbeitergeldberechtigt sein können, erscheint als weitgehend ungeklärt.

Das Gesetz bestimmt, dass Arbeitnehmer Ansprüche auf Kurzarbeitergeld erwerben. In der sozialrechtlichen Kommentarliteratur wird angenommen, der Begriff des Arbeitnehmers sei im arbeitsrechtlichen Sinne zu verstehen. Arbeitnehmer sei, wer aufgrund privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines Anderen zur Arbeit verpflichtet ist (Mutschler/Schmidt-de Caluwe/Coseriu-Mutschler, SGB III, § 95 Rn. 16).

Ein Geschäftsführer einer GmbH erfüllt aber typischerweise nicht die Eigenschaft eines Arbeitnehmers im arbeitsrechtlichen Sinne. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Gesellschafter- oder Fremdgeschäftsführer handelt. Nur in Fällen außerordentlich enger Weisungsgebundenheit kann ausnahmsweise auch bei einem GmbH-Geschäftsführer die Arbeitnehmereigenschaft im arbeitsrechtlichen Sinne zuerkannt werden.

Die Bundesagentur für Arbeit folgt womöglich dieser einschränkenden Betrachtung nicht. So findet sich in einer Internet-Veröffentlichung der Bundesagentur für Arbeit der Hinweis, dass Geschäftsführer Kurzarbeitergeld erhalten können, wenn durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung festgestellt wurde, dass sie als Arbeitnehmer und nicht selbständig tätig sind.

Diese Clearingstelle wird auf der Grundlage von § 7a Abs. 1 SGB IV tätig. Sie prüft, ob eine Sozialversicherungspflicht besteht oder nicht. Insoweit stellt die Clearingstelle nicht auf den arbeitsrechtlichen, vielmehr auf den sozialrechtlichen Beschäftigtenbegriff ab.

Fremdgeschäftsführer sind nach allgemeiner Auffassung grundsätzlich sozialversicherungspflichtig. Insoweit käme auch Kurzarbeitergeld in Betracht.

Fazit:

Scheinen die sozialrechtlichen Regelungen zur Kurzarbeit auf den ersten Blick klar, ergeben sich bei näherer Betrachtung eine nahezu unüberschaubare Anzahl von Problemfeldern. Diese müssen im Regelfall sehr schnell einer Klärung zugeführt werden. Wir unterstützen Sie dabei kurzfristig!