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Stellenausschreibung im Betrieb – Erfordernis, Inhalt, Mitbestimmung des Betriebsrats, Gefahren

Der nachstehende Beitrag befasst sich mit der Ausschreibung von Arbeitsplätzen im Bereich der Privatwirtschaft. Für den öffentlichen Dienst gelten Sonderregelungen, die bereits in einem unserer weiteren Beiträge behandelt worden sind.

 

Stellenausschreibungen sind Maßnahmen der Personalbeschaffung. Aus Sicht des Arbeitgebers bedarf es bei der Neu- bzw. Nachbesetzung von Arbeitsplätzen nicht zwingend einer Stellenausschreibung. Die Entbehrlichkeit einer solchen Ausschreibung wird immer dann zu erkennen sein, wenn auf anderem Weg geeignetes Personal gefunden werden kann, so zum Beispiel durch arbeitgeberseitige Auswahl von Arbeitnehmern des Betriebs für die Besetzung von Beförderungsstellen oder bei Rückgriff auf Vermittlungsleistungen von Personalberatern („Headhunter“) etc.

Eine innerbetriebliche Stellenausschreibung und/oder eine überbetriebliche Ausschreibung verschaffen dem Arbeitgeber aber regelmäßig einen Zugang zu einem weiten Bewerberfeld mit den sich daraus ergebenden Vorteilen für eine Auswahl.

Ob der Arbeitgeber Stellenausschreibungen im Vorfeld der Neu-/Nachbesetzung von Arbeitsplätzen vornimmt, obliegt in erster Linie seiner Entscheidung. Allerdings gilt dies nicht, wenn im Betrieb ein Betriebsrat etabliert ist. Dieser hat weitreichende Rechte im Hinblick auf die Ausschreibung von Arbeitsplätzen im Betrieb. Übt der Betriebsrat seine diesbezüglichen Rechte aus und verstößt der Arbeitgeber gegen daraus folgende Vorgaben, hat dies regelmäßig schwerwiegende Auswirkungen auf die Einstellung selbst.

Fragen der Stellenausschreibungspflicht im Betrieb und der damit verbundenen Folgen sollen im Folgenden beleuchtet werden:

 

1. Erfordernis einer Stellenausschreibung im Betrieb?

Es gibt keine generelle Verpflichtung für Arbeitgeber, zu besetzende Arbeitsplätze im Betrieb auszuschreiben. Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat aber verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden. Diese gesetzliche Vorschrift macht deutlich, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Ausschreibung von Arbeitsplätzen im Betrieb nur dann besteht, wenn der Betriebsrat eine solche Ausschreibung verlangt hat. Der Betriebsrat hat hier ein echtes Initiativrecht.

 

2. Inhalt einer Stellenausschreibung

Unter „Ausschreibung einer Stelle“ im Sinne von § 93 BetrVG ist nach Definition des Bundesarbeitsgerichts die allgemeine Aufforderung an alle oder eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern des Betriebes zu verstehen, sich für einen bestimmten Arbeitsplatz im Betrieb zu bewerben. § 93 BetrVG bezweckt, innerbetrieblichen Bewerbern Kenntnis von einer freien Stelle zu vermitteln und ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Interesse an dieser Stelle kundzutun und sich darauf zu bewerben. Das BAG hat darauf hingewiesen, dass über eine interne Ausschreibung nach § 93 BetrVG der „innerbetriebliche Arbeitsmarkt“ erschlossen und im Betrieb selbst vorhandene Möglichkeiten des Personaleinsatzes aktiviert werden soll. Eine weitere Zielrichtung des Gesetzes erkennt das BAG in der Vermeidung von Verstimmungen und Beunruhigungen der Belegschaft über die Hereinnahme ausstehender trotz eines möglicherweise im Betrieb vorhandenen qualifizierten Angebots (BAG, Beschluss vom 23.02.1988, Az. 1 ABR 82/86).

Der Inhalt der innerbetrieblichen Stellenausschreibung orientiert sich an diesem Zweck. Es wird angenommen, dass die innerbetriebliche Stellenausschreibung aufgabenbezogene Mindestinformationen enthalten muss. Notwendig sind die Bezeichnung der zu besetzenden Stelle und der Anforderungen an die Qualifikation zu berücksichtigender Arbeitnehmer. Ferner hat der Hinweis zu erfolgen, ob eine Voll- oder Teilzeitbeschäftigung ansteht. Anzugeben sind etwaige Befristungen. Als erforderlich wird ferner die Benennung des Zeitpunkts der Arbeitsaufnahme am neuen Arbeitsplatz angesehen.

Hoch umstritten ist die Frage, ob die innerbetriebliche Stellenausschreibung nach § 93 BetrVG auch Angaben zur Vergütungshöhe enthalten muss. Zum Teil wird angenommen, derlei Angaben seien allenfalls zweckmäßig, aber nicht zwingend erforderlich.

Aus den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) folgt, dass Stellenausschreibungen diskriminierungsfrei zu erfolgen haben. In der Praxis finden sich immer wieder Beispiele für z. B. geschlechtsspezifische Benachteiligungen, indem Arbeitsplätze vornehmlich für Bewerber eines bestimmten Geschlechts ausgeschrieben werden, ohne dass eine sachliche Rechtfertigung für eine dementsprechende Besetzung des Arbeitsplatzes erkennbar ist!

 

3. Mitbestimmung des Betriebsrats über Form und Inhalt von Stellenausschreibungen

Nach dem Wortlaut von § 93 BetrVG kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber lediglich verlangen, dass zu besetzende Arbeitsplätze innerbetrieblich ausgeschrieben werden. Fraglich ist, ob der Betriebsrat darüber hinaus auch Einfluss auf die formale und inhaltliche Ausgestaltung von Stellenausschreibungen nehmen kann.

Auch diese Frage ist im Arbeitsrecht hoch umstritten. Teile der Literatur sprechen dem Betriebsrat auch in dieser Frage ein Mitbestimmungsrecht mit der Folge zu, dass bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über Form und Inhalt der innerbetrieblichen Stellenausschreibung die Einigungsstelle nach § 76 BetrVG angerufen werden kann. Das Bundesarbeitsgericht hat dem indes eine Absage erteilt. Nach seiner Auffassung ist die Einigungsstelle nicht zur Entscheidung über Form und Inhalt von Stellenausschreibungen befugt. Das BAG stützt seine Rechtsauffassung auf den Wortlaut von § 93 BetrVG. Das Gesetz sehe eine Entscheidung durch die Einigungsstelle in dieser Frage nicht vor. Es unterliege allein der Organisationsgewalt des Arbeitgebers festzulegen, welche Funktionen innerhalb des Betriebes der Inhaber einer bestimmten Stelle zu erfüllen hat und welche Anforderungen er an den Inhaber stellen will. Dann sei es aber auch allein Sache des Arbeitgebers, in einer Stellenausschreibung diejenigen Anforderungen zu bestimmen, die ein Bewerber für die ausgeschriebene Stelle erfüllen muss (BAG, Beschluss vom 27.10.1992, Az. 1 ABR 4/92).

 

4. Folgen unzureichender betrieblicher Stellenausschreibungen

Hat der Betriebsrat vom Arbeitgeber innerbetriebliche Stellenausschreibungen vor der Neu-/Nachbesetzung von Arbeitsplätzen verlangt, haben die Missachtung dieses Verlangens oder unzureichende Stellenausschreibungen schwerwiegende Auswirkungen auf die geplante personelle Maßnahme selbst:

Unterlässt der Arbeitgeber die vom Betriebsrat verlangte Stellenausschreibung vollständig, hat der Betriebsrat im Rahmen der Einstellung eines Arbeitnehmers ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG. Der Betriebsrat kann einer Besetzung des Arbeitsplatzes unter Hinweis auf die unterlassene Ausschreibung ohne weitere Begründung widersprechen und die Zustimmung verweigern. Der Arbeitgeber ist dann gehindert, die Maßnahme durchzuführen.

Dasselbe gilt für den Fall einer grob fehlerhaften Stellenausschreibung mit der Folge der Desinformation der Belegschaft. Das Bundesarbeitsgericht hatte judiziert, dass eine solche Desinformation über die zu besetzende Stelle dem Unterlassen einer Ausschreibung gleichkomme (BAG, Beschluss vom 10.03.2009, Az. 1 ABR 93/07). Zur Begründung führte es aus, auch im Falle einer Desinformation würden mögliche Interessenten von einer Bewerbung abgehalten.

Ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats wird auch anerkannt, wenn der Arbeitgeber die vom Betriebsrat geforderte innerbetriebliche Stellenausschreibung zwar vornimmt, in einer außerbetrieblichen Stellenanzeige dann aber geringere Anforderungen für eine Bewerbung um diese Stelle genannt werden. Darin erkennt das Bundesarbeitsgericht einen Verstoß gegen den Zweck von § 93 BetrVG, den innerbetrieblichen Bewerbern die gleichen Chancen für die Besetzung der freien Stelle einzuräumen wie den außerbetrieblichen Bewerbern (BAG, Beschluss vom 23.02.1988, Az. 1 ABR 82/86).

 

Fazit:

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, haben Arbeitgeber und Betriebsrat Veranlassung, die Thematik der innerbetrieblichen Ausschreibungspflicht zu erörtern. Verlangt der Betriebsrat die innerbetriebliche Ausschreibung (was regelmäßig der Fall ist), ist arbeitgeberseitig besondere Sorgfalt bei der Stellenausschreibung walten zu lassen. Die Stellenausschreibung ist auf das engste mit den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG verknüpft. Hier steht eine vergleichsweise komplexe Materie in Rede. In den vielgestaltigen Fragen dazu beraten und unterstützen wir Sie gerne.