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Sonderurlaub (Sabbatical) im Arbeitsverhältnis – Was ist arbeitsrechtlich zu beachten?

Sonderurlaub und insbesondere die sogenannten „Sabbatical“ sind ein zunehmendes Phänomen im Arbeitsleben. Immer mehr Beschäftigte streben kleinere oder größere „Auszeiten“ vom betrieblichen Alltag an, häufig im Rahmen der individuellen „Work-Life-Balance“.

Was aber ist bei solchen Phasen der Abwesenheit von der Arbeit außerhalb des regulären Urlaubs von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu beachten? Dem widmen sich die nachstehenden Ausführungen:

1. Arbeitsrechtliche Einordnung eines Sabbatical

Das deutsche Arbeitsrecht kennt den Begriff des Sabbatical nicht. Arbeitsrechtlich handelt es sich um unbezahlten Urlaub (Sonderurlaub).

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf Gewährung eines unbezahlten Urlaubs. Sonderurlaubsansprüche können sich aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ergeben.

Sofern solche Regelungen nicht zur Anwendung gelangen, sind Arbeitnehmer, die ein Sabbatical einlegen wollen, auf ein vertragliches Einvernehmen mit dem Arbeitgeber angewiesen. Es bedarf dann einer entsprechenden vertraglichen Regelung, die von Arbeitnehmern aber nicht erzwungen werden kann!

2. Arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Folgen des Sabbatical

Die Inanspruchnahme von Sonderurlaub führt zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Das bedeutet, dass die sogenannten Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis (Pflicht zur Lohnzahlung durch den Arbeitgeber, Arbeitspflicht des Arbeitnehmers) entfallen. Die sogenannten Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bleiben aber ebenso bestehen wie das Arbeitsverhältnis als solches.

Eine ausdrückliche Vereinbarung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses ist nicht erforderlich. Ein solches ergibt sich aus der Vereinbarung des unbezahlten Urlaubs selbst.

Dies hat folgende Auswirkungen:

– Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Sollte ein Arbeitnehmer während des Sonderurlaubs erkranken, hat er keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG). Zwar regelt § 9 des Bundesurlaubsgesetzes, dass Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden. Diese Regelung gilt aber für einen Sonderurlaub/für ein Sabbatical nicht.

– Feiertagsvergütung

Nach § 2 EFZG hat ein Abnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für Arbeit, die aufgrund eines Feiertags ausfällt.

Diese Regelung ist nur in Betrieben von Bedeutung, die keine Erlaubnis zur Feiertagsarbeit haben. Besteht eine solche Erlaubnis, können Arbeitnehmer auch an Feiertagen regulär beschäftigt werden. Gesonderte Entgeltfortzahlungsansprüche für Feiertagsarbeit sind dann obsolet.

Etwaig im Arbeitsverhältnis bestehende Ansprüche auf Entgeltfortzahlung bei Feiertagen entfallen während eines vereinbarten Sonderurlaubs.

– Mutterschaftsgeld

Eine schwangere Arbeitnehmerin verliert für die Dauer eines unbezahlten Sonderurlaubs Ansprüche auf den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 19 MuSchG (BAG, Urteil vom 25.02.2004, Az. 5 AZR 160/03).

– Gesetzlicher Urlaub

Das Verhältnis von gesetzlichem Urlaub und unbezahltem Sonderurlaub/Sabbatical war in den zurückliegenden Jahren Gegenstand arbeitsrechtlicher Diskussion. Das Bundesarbeitsgericht hatte noch 2014 geurteilt, Tage eines unbezahlten Urlaubs seien nicht auf den gesetzlichen Erholungsurlaub anrechenbar. Der gesetzliche Urlaubsanspruch entstehe trotz der Inanspruchnahme von Sonderurlaub. Er könne nicht wegen des unbezahlten Urlaubs anteilig gekürzt werden (BAG, Urteil vom 06.05.2014, Az. 9 AZR 678/12).

Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht jüngst aufgegeben. Das BAG ist nun der Auffassung, für Zeiten eines unbezahlten Sonderurlaubs bestehe kein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub. Der Zeitraum eines unbezahlten Sonderurlaubs sei bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs regelmäßig mit „Null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen (BAG, Urteil vom 19.03.2019, Az. 9 AZR 406/17). Diese Rechtsauffassung hat das Gericht in einer weiteren Entscheidung bestätigt (BAG, Urteil vom 22.05.2019, Az. 9 AZR 259/18).

Dabei argumentiert das BAG mit dem Zweck des Erholungsurlaubs. Dieser liege darin, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich von der Ausübung der ihm nach seinem Arbeitsvertrag obliegenden Aufgaben zu erholen und über einen Zeitraum der Entspannung und Freizeit zu verfügen. Dieser Aspekt komme aber bei Sonderurlaub nicht zum Tragen. Ein Sonderurlaub/Sabbatical sei daher nicht mit Zeiten reguläre Arbeit gleichzustellen.

– Sonderzahlung/Bonus

Bei Sonderzahlungen kann eine Kürzung wegen eines Sonderurlaubs erfolgen. Bei Sonderzahlungen, die auf der konkreten Leistung des Arbeitnehmers fußen, wird sich regelmäßig eine automatische Kürzung bei Sonderurlauben ergeben. Anders kann es sich bei Sonderleistungen verhalten, die die Betriebstreue honorieren sollen. Hier ist dringend zu empfehlen, eine ausdrückliche Regelung in einer Vereinbarung über einen Sonderurlaub/ein Sabbatical zutreffen!

– Wettbewerbsverbot

Arbeitnehmer unterliegen im Arbeitsverhältnis einem absoluten Wettbewerbsverbot. Das Wettbewerbsverbot ist eine Nebenpflicht im Arbeitsverhältnis. Es verbietet, während des Arbeitsverhältnisses Leistungen für einen Wettbewerber/Konkurrenten des Arbeitgebers zu erbringen.

Dieses Verbot gilt auch bei unbezahltem Sonderurlaub ohne Einschränkungen weiter. Arbeitnehmer dürfen also in der Zeit eines Sabbaticals nicht bei einem Wettbewerbsunternehmen arbeiten oder in sonstiger Weise Wettbewerb ausüben, es sei denn, anderes wird ausdrücklich mit dem Arbeitgeber, der Sonderurlaub gewährt hat, vereinbart.

– Sozialversicherung

Während des Sonderurlaubs sind keine Beiträge zur Sozialversicherung zu leisten. Von Bedeutung ist insbesondere die Krankenversicherung. Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung endet bei unbezahltem Sonderurlaub nach einem Monat. Danach hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Krankenversicherungsschutz mehr.

In einigen Fällen besteht die Möglichkeit einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die freiwillige Mitgliedschaft setzt gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V voraus, dass der Arbeitnehmer in den letzten 5 Jahren vor dem Ausscheiden mindestens 24 Monate oder unmittelbar vor dem Ausscheiden ununterbrochen mindestens 12 Monate versichert war. Der freiwillige Beitritt zur Krankenkasse ist nur innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung der Mitgliedschaft möglich.

3. Beendigung des unbezahlten Sonderurlaubs/Sabbatical

Ein Sonderurlaub endet zu dem von vornherein vereinbarten Zeitpunkt. Danach muss der jeweilige Arbeitnehmer die Arbeit zu den arbeitsvertraglichen Bedingungen wieder aufnehmen.

Das Bundesarbeitsgericht hat aber angenommen, dass Arbeitgeber in eine vorzeitige Beendigung des Sonderurlaubs einwilligen müssen, wenn ihnen die Beschäftigung des Arbeitnehmers möglich und zumutbar und wenn der Grund für die Bewilligung des Sonderurlaubs weggefallen ist oder schwerwiegende negative Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Arbeitnehmers eingetreten sind (BAG, Urteil vom 06.09.1994, Az. 9 AZR 221/93).

Fazit

Arbeitnehmer, die ein Sabbatical/einen unbezahlten Urlaub in Anspruch nehmen wollen, müssen die rechtlichen Konsequenzen ebenso sorgfältig prüfen wie Arbeitgeber. Besonderes Augenmerk ist auf eine klare Regelung bzw. Vereinbarung mit Arbeitnehmern über solche Sonderurlaube zu legen.

In diesen Fragestellungen beraten und unterstützen wir Sie gern.