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Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Änderung des Schichtsystems durch den Arbeitgeber – Was haben Arbeitgeber und Betriebsrat zu beachten?

Der Arbeitgeber bestimmt grundsätzlich die Rahmenbedingungen der im Betrieb zu leistenden Arbeit. Ihm obliegt dabei auch die Festlegung, ob einschichtig, mehrschichtig, in einer bestimmten Schichtfolge etc. produziert und gearbeitet werden soll. Dabei hat er die Arbeitsverträge mit den Arbeitnehmern an die betrieblichen Bedürfnisse auch hinsichtlich der Arbeitszeit anzupassen. Regelmäßig empfiehlt es sich für den Arbeitgeber, insbesondere in der Industrie, Klauseln in den Arbeitsvertrag einzuarbeiten nach denen der Arbeitnehmer grundsätzlich verpflichtet ist, auch in Schichten (Tag-, Spät-, Nachtschicht etc.) zu arbeiten.

Ist im Betrieb ein Betriebsrat etabliert, hat der Arbeitgeber Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertretung bei der Festlegung des Schichtsystems zu beachten. Dies betrifft insbesondere auch beabsichtigte Anordnungen von geänderten Betriebsarbeitszeiten (z.B. Wechsel vom Dreischichtsystem zum Zweischichtsystem, Einführung von Schichtarbeit nach bisheriger ausschließlicher Tagschichtarbeit etc.).

Wie aber ist die Mitbestimmung des Betriebsrats hier ausgestaltet?

1. Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat bei Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage mitzubestimmen. Nach Auffassung von Literatur und Rechtsprechung besteht ein solches Mitbestimmungsrecht auch im Fall der Änderung des Schichtsystems. Das Mitbestimmungsrecht soll bei der Umstellung von drei auf zwei Schichten, den Wegfall der Nachtschicht oder die Einführung von Wechselschichten greifen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer jüngeren Entscheidung herausgestellt, dass das hier angesprochene Mitbestimmungsrecht nicht nur die Frage betreffe, ob im Betrieb in mehreren Schichten gearbeitet werden soll, sondern auch die Festlegung der zeitlichen Lage der einzelnen Schichten und die Abgrenzung des Personenkreises, der Schichtarbeit zu leisten hat. Mitbestimmungspflichtig sei auch der Schichtplan und dessen nähere Ausgestaltung bis hin zur Zuordnung der Arbeitnehmer zu den einzelnen Schichten
(BAG, Beschluss vom 19.06.2012, Az. 1 ABR 19/11; BAG, Beschluss vom 28.05.2002, Az. 1 ABR 40/01).

Dabei ist es auch gänzlich unerheblich, welche Vorgaben die Arbeitsverträge der einzelnen Mitarbeiter enthalten.

Einzelvertragliche Festlegungen beseitigen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht. Vielmehr ist es gerade der Regelfall, dass der Betriebsrat in Sachverhalten mitzubestimmen hat, die arbeitsvertraglich grundsätzlich zulässig sind. Soweit ein sog. „kollektiver Tatbestand“ getroffen ist, also Weisungen gegenüber einer Mehrzahl von Arbeitnehmern erfolgen, greifen typischerweise Mitbestimmungsrechte ein. Dies ist bei der Festlegung eines neuen Schichtsystems ohne weiteres der Fall.

Ebenso wenig kommt es darauf an, ob bereits in der Vergangenheit ein möglicherweise mitbestimmtes Schichtmodell installiert worden ist, zu dem nun nach Unterbrechung zurückgekehrt werden soll. Hier besteht Einigkeit darüber, dass der Betriebsrat auch dann zu beteiligen ist, wenn von bereits aufgestellten Schichtplänen abgewichen werden soll (BAG, Urteil vom 29.09.2004, Az. 5 AZR 559/03).

2. Durchführung der Mitbestimmung des Betriebsrats

Nach § 87 BetrVG ist die Zustimmung des Betriebsrats vor Durchführung der Maßnahme einzuholen. Liegt diese nicht vor, darf die Maßnahme von Gesetzes wegen nicht durchgeführt werden.

Möchte der Arbeitgeber das Schichtsystem abändern bzw. sonstige, mitbestimmungspflichtige Regelungen im Hinblick auf die Arbeitszeit treffen und verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung dazu, gibt es keine Möglichkeit für den Arbeitgeber, die Maßnahme einseitig, möglicherweise lediglich vorübergehend, durchzuführen. Vielmehr ist der Arbeitgeber dann darauf verwiesen, die Einigungsstelle nach § 76 BetrVG anzurufen. Diese hat dann eine Entscheidung zu treffen, dies durch einen Beschluss.

Diesbezüglich verweisen wir auf unsere weiteren Informationen in unserer Internetpräsentation.