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GmbH-Geschäftsführer: Haftung, Verjährung und Haftpflichtversicherung – Worauf müssen Gesellschafter und Geschäftsführer achten:

Die Übernahme des Geschäftsführeramtes in der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bringt eine erhebliche Verantwortung und damit auch gravierende Haftungsrisiken mit sich. Anders als Arbeitnehmer genießt der Geschäftsführer der GmbH kein Haftungsprivileg, sodass eine Absicherung der Haftungsrisiken durch entsprechende Versicherungen regelmäßig sowohl für den Geschäftsführer als auch für die Gesellschaft von Interesse sein müssen.

Nachstehend sollen die Grundzüge der Haftung des GmbH-Geschäftsführers auf der Grundlage des GmbHG, die relevanten Fragen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in einer gerichtlichen Auseinandersetzung und Verjährungsregelungen ebenso betrachtet werden wie Gesichtspunkte einer „klugen“ Vertragsgestaltung und der versicherungsvertraglichen Absicherung von Haftungsrisiken.

 

1. Haftung

a) Allgemeines

Die grundlegende Regelung zur Haftung des Geschäftsführers der GmbH findet sich in § 43 S. 1 GmbHG. Danach hat der Geschäftsführer „die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden. Bei Verletzung dieser Pflicht haftet er. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass der Geschäftsführer Verwalter fremden Vermögens ist und nicht selbst Unternehmer. Daher haftet der Geschäftsführer grundsätzlich weder Dritten gegenüber für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, noch hat er der Gesellschaft Verluste zu ersetzen, die während seiner Geschäftsführungstätigkeit entstanden sind. Die GmbH trägt das unternehmerische Risiko allein.

Jegliche Haftung des Geschäftsführers ist aber nur dann ausgeschlossen, wenn sich dieser bei der Erledigung seiner Geschäftsführungsaufgaben pflichtgemäß verhält.

In der gesellschaftsrechtlichen Literatur wird angenommen, der Geschäftsführer der GmbH habe diejenige Sorgfalt zu beachten, die ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter anzuwenden pflegt.

Danach hat ein Geschäftsführer das Unternehmen unter Berücksichtigung gesicherter und bewährter betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse und unter Beachtung aller maßgeblichen Rechtsvorschriften zu leiten. Er hat sich über alle unternehmenspolitisch relevanten wirtschaftlichen Umstände und Entwicklungen zu orientieren und sich stets ein genaues Bild von der Lage zu machen.

Nach allgemeiner Auffassung soll sich der Geschäftsführer nicht auf fehlende Kenntnisse und Erfahrungen berufen können. Insbesondere könne er sich nicht darauf berufen, dass er seiner Stellung nicht gewachsen gewesen sei oder dass die Gesellschafterversammlung ihn in Kenntnis seiner mangelhaften Fähigkeiten gleichwohl zum Geschäftsführer bestellt habe.

b) Darlegungs- und Beweislast

Hinsichtlich der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Haftungsfragen findet sich ein allgemeiner zivilrechtlicher Grundsatz dahingehend, dass jede Partei die ihr günstigen Umstände darlegen und beweisen muss, um einen Anspruch durchzusetzen. Nach diesem Grundsatz hätte z.B. die Gesellschaft, die den Geschäftsführer wegen vermeintlicher Pflichtverletzung in Anspruch nehmen möchte, dessen Pflichtverletzungen darzulegen und zu beweisen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dies gesetzlich angeordnet ist.

Im Aktien- und Genossenschaftsrecht finden sich zulasten der Mitglieder des Vorstands deren Haftungssituation verschärfende Umkehrungen der Darlegungs- und Beweislast. So ist in § 93 Abs. 2 AktG, § 34 Abs. 2 GenG geregelt:

Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, sind der Gesellschaft/Genossenschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters (…) angewandt haben, tragen sie die Beweislast.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH) und der herrschenden gesellschaftsrechtlichen Literatur sind diese haftungsverschärfenden Grundsätze auch auf den GmbH-Geschäftsführer anzuwenden (BGH, Urteil vom 11.07.2005, Az. II ZR 235/03).

Danach hat die Gesellschaft lediglich darzulegen und zu beweisen, dass der Geschäftsführer durch ein Verhalten, welches möglicherweise pflichtwidrig gewesen ist, einen Schaden für die Gesellschaft verursacht hat. Kommt die Gesellschaft dem nach, muss sich der Geschäftsführer entlasten; er trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers angewandt hat oder dass ihm zumindest kein Schuldvorwurf trifft (BGH, Urteil vom 04.11.2002, Az. II ZR 224/00).

c) Verjährung

Etwaige Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer gemäß § 43 GmbH-Gesetz verjähren nach der ausdrücklichen Regelung in § 43 Abs. 4 GmbH-G in 5 Jahren. Dies gilt auch für Ansprüche wegen Pflichtverletzungen aus dem Anstellungsvertrag (BGH, Urteil vom 12.06.1989, Az. II ZR 334/87).

Die Verjährungsfrist beginnt mit der Entstehung des Anspruchs (regelmäßig also mit Verursachung des Schadens), auf die Kenntnis der Gesellschaft kommt es nicht an.

d) Haftung gegenüber Dritten

Handelt der Geschäftsführer im Namen der Gesellschaft, werden grundsätzlich nur vertragliche Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber Dritten begründet. Aus diesen können sich Haftungsansprüche Dritter gegen die Gesellschaft ergeben. Nur in Ausnahmefällen haftet der Geschäftsführer selbst gegenüber Dritten.

So wird angenommen, eine persönliche Haftung des Geschäftsführers könne begründet sein, wenn der Geschäftsführer im Rahmen der Vertragsverhandlungen gegenüber dem Vertragspartner besonderes persönliches Vertrauen für sich in Anspruch nimmt, welches über das „normale“ Verhandlungsvertrauen hinaus geht. Eine solche Haftung soll aber voraussetzen, dass der Geschäftsführer in zurechenbarer Weise beim jeweiligen Geschäftspartner das Vertrauen in Anspruch nimmt, er persönlich werde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftes auch dann gewährleisten, wenn aus Sicht des Geschäftspartners die Gesellschaft selbst dazu nicht in der Lage ist (BGH, Urteil vom 03.04.1990, Az. XI ZR 206/88).

Derlei Fälle sind außerordentlich selten.

Eine persönliche Haftung gegenüber Dritten wird ferner angenommen, wenn der Geschäftsführer bei vordergründig für die Gesellschaft geschlossenen Geschäften vornehmlich ein wirtschaftliches Eigeninteresse vertritt, wenn er Verbindlichkeiten in der Unternehmenskrise begründet oder wenn eine nicht ordnungsgemäße Unterzeichnung von Verträgen/Erklärungen erfolgt (Verpflichtung nach § 4 GmbHG, bei der Zeichnung von Verträgen oder rechtlichen Erklärungen unter der Firma der Gesellschaft den Zusatz „mit beschränkter Haftung“ hinzuzufügen).

Darüber hinaus gilt, dass der Geschäftsführer grundsätzlich auch zivil- und strafrechtliche Produktverantwortung trägt und hier haften kann. Das Haftungsrisiko in diesen Bereichen kann dadurch verringert werden, dass im Rahmen der Unternehmensorganisation ein Produktsicherheitsbeauftragter bestellt wird, der allerdings laufend auf seine Zulässigkeit und ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung hin zu überwachen ist.

e) kein Haftungsausschluss bei Entlastung

§ 46 Nr. 5 sieht die Entlastung des Geschäftsführers durch die Gesellschafter der GmbH vor.
Wird dem Geschäftsführer Entlastung erteilt, ist die Gesellschaft mit solchen Ansprüchen gegen den Geschäftsführer ausgeschlossen, die für die Gesellschafter aufgrund der Rechenschaftslegung samt aller zugänglich gemachten Unterlagen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennbar waren.

Eine Entlastungswirkung soll aber trotz der Erkennbarkeit von Pflichtverletzungen entfallen, soweit der Geschäftsführer auf Verschleierung hingewirkt und dadurch die Erkennbarkeit vermindert hat.

Allgemein gilt, dass die Gesellschafterversammlung ein Ermessen hat, ob sie Entlastung erteilt oder verweigert. Der BGH nimmt an, dass der Geschäftsführer keinen Anspruch auf Entlastungserteilung hat (BGH, Urteil vom 20.05.1985, Az. II ZR 165/84).

 

2. Vereinbarungen mit der GmbH zu Haftungserleichterungen

Im Geschäftsführeranstellungsvertrag kann eine Haftungsbegrenzung vereinbart werden. Tatsächlich finden sich derlei Klauseln in zahlreichen Verträgen. Ebenso ist es möglich und durchaus in der Praxis anzutreffen, dass Begrenzungen der Haftungshöchstsumme bei jedweder Art von Fahrlässigkeit erfolgen. Ein Ausschluss bzw. eine Begrenzung der Haftung bei Vorsatz wird indessen nicht in Betracht kommen.

Ferner ist es zulässig, auch von der gesetzlichen Verjährungsregelung abweichende Vereinbarungen zu treffen und Schadensersatzansprüche der Gesellschaft einer frühzeitigeren Verjährung/einem Verfall zu unterwerfen.

Schließlich besteht die Möglichkeit, die Beweislastverteilung im Anstellungsvertrag umzukehren und den Geschäftsführer damit erheblich zu entlasten.

 

3. D&O-Versicherung

Bei der so genannten „D&O-Versicherung“ („Directors & Officers liability insurance“) handelt es sich um eine Sonderform der Haftpflichtversicherung. Sie deckt die etwaigen Ansprüche der GmbH als Versicherungsnehmerin gegen den Geschäftsführer im Rahmen des vereinbarten Versicherungsumfangs. Insoweit bewirkt sie für die Gesellschaft eine Absicherung deren Ausfallrisikos.

Regelmäßig gewährt eine solche Versicherung Deckung in Form der Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche und der Erstattung der mit der Abwehr derartiger Ansprüche verbundenen Kosten. Dabei ist im Einzelfall sorgfältig zu prüfen, ob der Versicherungsschutz einer Gesellschaft den Bedürfnissen des Geschäftsführers (und der Gesellschaft selbst) entspricht. Insbesondere ist zu klären, ob der Umfang der Versicherung ausreichend ist und ob auch etwaige Kosten eines Strafverfahrens versichert sind.

Regelmäßig wird eine Haftung wegen Vorsatzes ausgeschlossen. Einige Versicherungspolicen schließen aber auch weitergehende Ansprüche, die auf grober Fahrlässigkeit beruhen, aus. Dies sollte naturgemäß vermieden werden.

Ebenfalls ist die Frage von besonderer Bedeutung, ob ein Selbstbehalt vereinbart wird. Für Versicherungen von Vorständen der Aktiengesellschaft ist ein solcher Selbstbehalt obligatorisch (§ 93 Abs. 2 AktG). Dies gilt nicht für den GmbH-Geschäftsführer.

 

Fazit:

Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers geht weit über diejenige eines Arbeitnehmers hinaus. Nicht selten stehen Forderungen gegen den Geschäftsführer in 7-stelliger Höhe in Rede. Daher sollte bei Begründung des Geschäftsführeranstellungsverhältnis stets der Abschluss einer hinreichenden die D&O-Versicherung erwogen werden. Im Rahmen der gesetzlichen Haftungsregelungen bleibt den Parteien des Geschäftsführer-Anstellungsvertrags ein erheblicher Spielraum für eine den Interessen sowohl der Gesellschaft als auch des Geschäftsführers Rechnung tragende Gestaltung des Geschäftsführeranstellungsvertrags.

 

In sämtlichen Fragen der Gestaltung von Geschäftsführeranstellungsverträgen sowie der Haftung des Geschäftsführers beraten und unterstützen wir Sie gerne.