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Gewährung von Altersteilzeit und Gleichbehandlung – Worauf müssen Arbeitgeber und Arbeit-nehmer achten?

Die Altersteilzeit ermöglicht Arbeitnehmern einen vorzeitigen bzw. gleitenden Übergang in die Altersrente. Das Altersteilzeitgesetz (ATG) vom 23.07.1996 gestaltet die Altersteilzeit so aus, dass Arbeitnehmer die zuletzt maßgebliche Arbeitszeit für die Dauer der Altersteilzeit um die Hälfte reduzieren. Die Reduzierung der Arbeitszeit kann dabei gleichmäßig erfolgen (Teilzeitmodell), der Mitarbeiter arbeitet also in der gesamten Phase der Altersteilzeit gleichmäßig mit der um 50 % reduzierten Arbeitszeit. Daneben kommt die Arbeit im „Blockmodell“ in Betracht. Hier erbringt der Arbeitnehmer in der ersten Hälfte der Altersteilzeitphase die Arbeit bei unverminderter Arbeitszeit, um dann in der zweiten Hälfte in die „Ruhephase“ ohne jegliche Arbeit einzutreten. Typischerweise wird das Blockmodell von Arbeitnehmern als das attraktivere Modell des Übergangs in die Altersrente betrachtet.

 

1. Gleichbehandlung in der Altersteilzeit

Grundsätzlich besteht kein Anspruch eines Arbeitnehmers auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Das ATG statuiert derlei Ansprüche nicht.

In einer Reihe von Tarifverträgen finden sich indes Regelungen hinsichtlich der Altersteilzeit, aus denen sich auch entsprechende Ansprüche von Arbeitnehmern ergeben können.

Bis zum Jahresende 2009 ist die Altersteilzeit staatlich subventioniert worden. Das ATG hatte die Förderung wie folgt ausgestaltet:

Mit Inanspruchnahme von Altersteilzeit reduziert sich die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers um 50 %. Grundsätzlich geht damit auch eine Reduktion der Arbeitsvergütung in demselben Umfang einher. Der Arbeitnehmer in Altersteilzeit erhielte also in der Altersteilzeit lediglich 50 % der bisherigen Vergütung.

Das ATG sah indes vor, dass die Bundesagentur für Arbeit etwaige Aufstockungsleistungen des Arbeitgebers erstattet. Erstattungsfähig war zunächst eine arbeitgeberseitige Aufstockung des sogenannten „Regelarbeitsentgelts“ für die Altersteilzeitarbeit um mindestens 20 %. Ferner konnten die vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer zusätzlich gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend § 3 Abs. 1 ATG erstattet werden.

Diese Subventionierung ist zum Jahresende 2009 in Wegfall geraten. Soweit Arbeitgeber also weiterhin bei neu begründeten Altersteilzeitarbeitsverhältnissen Aufstockungsleistungen auf die entsprechende arbeitszeitreduzierte Vergütung erbringen, erfolgt dies auf eigene Kosten ohne Erstattungsmöglichkeit. Demgemäß würde Altersteilzeitarbeit für den Arbeitgeber erheblich teurer als Arbeit im regulären Arbeitsverhältnis sein. Andersherum ist Altersteilzeitarbeit mit aufgestockter Vergütung für Arbeitnehmer durchaus von erheblichem finanziellem Interesse.

Gesetzlich besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers, während einer mit dem Arbeitnehmer vereinbarten Altersteilzeit irgendwelche Aufstockungsleistungen zu erbringen. Typischerweise ist Altersteilzeitarbeit für Arbeitnehmer aber uninteressant, werden solche Aufstockungsleistungen nicht erbracht. Solche zusätzlichen Leistungen werden in zahlreichen Tarifverträgen auch verpflichtend festgelegt.

Gewährt der Arbeitgeber freiwillig Altersteilzeit an einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern, muss er beachten, dass womöglich andere Arbeitnehmer in der Zukunft ebenso Altersteilzeitwünsche äußern und insoweit einen Anspruch auf Gleichbehandlung geltend machen. Insoweit gilt folgendes:

Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist in der arbeitsrechtlichen Literatur und Rechtsprechung allgemein als tragendes Ordnungsprinzip im Arbeitsrecht anerkannt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) verbietet dieser Grundsatz dem Arbeitgeber eine willkürliche, d. h. sachlich unbegründete Durchbrechung allgemein- oder gruppenbezogener Regelungen zum Nachteil einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen (BAG, Urteil vom 29.09.2010, Az. 10 AZR 630/09).

Der Gleichbehandlungsgrundsatz weist damit einen Gruppenbezug auf. Dies gilt auch im Hinblick auf etwaige Ansprüche auf Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

Dies hat das BAG in einer jüngeren Entscheidung noch einmal herausgestellt. Es führte aus, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleichzubehandeln. Der Gleichbehandlungsgrundsatz werde inhaltlich durch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes bestimmt. Bei freiwilligen Leistungen, wie der Gewährung von Altersteilzeit, müsse der Arbeitgeber die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, dass Arbeitnehmer nicht aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen werden. Verstoße der Arbeitgeber bei der Gewährung freiwilliger Leistungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, habe der benachteiligte Arbeitnehmer Anspruch auf die vorenthaltene Leistung. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, müsse diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. Dabei komme es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind (BAG, Urteil vom 19.09.2017, Az. 9 AZR 36/17).

Dieser Gruppenbezug schließt es grundsätzlich aus, dass Arbeitnehmer schon dann Ansprüche aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ableiten, wenn nur einem oder einzelnen Arbeitnehmern aufgrund individueller Verhandlungen freiwillig bestimmte Rechtspositionen (wie z.B. die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnis) eingeräumt werden.

Gewährt allerdings der Arbeitgeber mehreren Arbeitnehmern Altersteilzeit, wird er anderen Arbeitnehmern, die grundsätzlich mit diesen begünstigten Arbeitnehmern vergleichbar sind, ebenfalls Altersteilzeit zubilligen müssen, es sei denn, er vermag ausreichend tragfähige Gründe vorzubringen, die einem solchen Gleichbehandlungsanspruch entgegenstehen.

 

2. Empfehlungen zur betrieblichen Ausgestaltung von Altersteilzeit

Hat ein Unternehmen die grundsätzliche Bereitschaft, Altersteilzeit auch nach Wegfall der staatlichen Förderung weiterhin anzubieten (umso z.B. die Unternehmensattraktivität für ältere Mitarbeiter zu erhalten bzw. zu steigern), kann es sich empfehlen, Eckpunkte für die Begründung von Altersteilzeitarbeitsverhältnissen festzulegen. Dies kann in Betrieben, die über einen Betriebsrat verfügen, in einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat geschehen. Ferner ist es möglich, dass der Arbeitgeber eine einseitige Zusage an die Belegschaft erteilt. Darin könnte z.B. skizziert werden, dass Arbeitnehmer, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen (z.B. eine bestimmte Mindestdauer der Betriebszugehörigkeit, ein Mindestalter etc.) einen Anspruch auf Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses haben. Der Arbeitgeber kann sich in einer solchen Zusage das Recht vorbehalten, im jeweiligen Einzelfall eine Abwägung von Arbeitnehmerinteressen an der Altersteilzeit mit den sich jeweils ergebenden Unternehmensinteressen vorzunehmen. Der Altersteilzeit entgegenstehende Interessen können sich z.B. daraus ergeben, dass zum Zeitpunkt eines konkreten Altersteilzeitantrags eine Personalknappheit im Bereich des antragstellenden Arbeitnehmers besteht und prognostisch kein gleichwertiges Personal zur Neubesetzung der Stelle gefunden werden kann.

Allerdings müsste der Arbeitgeber dann vor dem Hintergrund einer solchen Regelung tatsächlich im Einzelfall eine Interessenabwägung vornehmen. Er bewahrt sich aber bei einer klugen Ausgestaltung einer Altersteilzeitzusage die nötige Flexibilität bei der Personalplanung.

In den typischerweise hochkomplexen Fragestellungen der Altersteilzeit und der Ausgestaltung einer solchen im Betrieb beraten und unterstützen wir Sie gerne. Hier verfügen wir über langjährige Erfahrungen mit unterschiedlich ausgestalteten Systemen der Altersteilzeit bzw. des gleitenden Übergangs von Arbeitnehmern in die Phase der Altersruhe.