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Entzug der Fahrerlaubnis bei Kraftfahrern – Welche Reaktionsmöglichkeiten und Handlungspflichten haben Sie als Arbeitgeber?
Berufskraftfahrer benötigen eine gültige Fahrerlaubnis, möglicherweise darüber hinaus besondere betriebliche Erlaubnisse (Betriebsfahrerlaubnis etc.). Aber außerhalb des Tätigkeitsbereichs von Berufskraftfahrern fallen vielfach Fahrtätigkeiten an. Geht die amtliche Fahrerlaubnis (Führerschein) verloren, ist das Arbeitsverhältnis regelmäßig erheblich gestört. Dabei ist es unerheblich, aufgrund welcher Umstände die Fahrerlaubnis entzogen wird, so zum Beispiel bei Alkoholfahrt, Geschwindigkeitsübertretung etc.
Arbeitsvertraglich zur Fahrtätigkeit verpflichtete Arbeitnehmer sind selbstverständlich verpflichtet, den Arbeitgeber über einen etwaigen Verlust der Fahrerlaubnis zu unterrichten. Sie müssen dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch mitteilen, für welchen Zeitraum eine Fahrtätigkeit ausscheidet.
Arbeitgeber haben bei Erlangung der Kenntnis von solchen Umständen dringende Veranlassung zu prüfen, ob bzw. in welcher Weise zu handeln ist. Die wesentlichen Eckpunkte fassen wir nachstehend zusammen:
1. Entzug der Fahrerlaubnis und Vergütungsanspruch
Ist der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich zur Erbringung von Fahrleistungen verpflichtet, verliert aber die erforderliche Fahrerlaubnis/den Führerschein, wird ihm die Erbringung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit ganz oder teilweise unmöglich. Gerade bei Berufskraftfahrern gilt, dass diese im Zeitraum des Führerscheinverlusts nicht leistungsfähig sind. Können sie vom Arbeitgeber wegen dieses Umstands nicht weiterbeschäftigt werden, verlieren diese Mitarbeiter ihre Vergütungsansprüche. Arbeitsvergütung kann insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt des arbeitgeberseitigen Annahmeverzugs (§§ 293 ff. BGB) verlangt werden. Es mangelt schlichtweg an der gesetzlich erforderlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers!
Etwas anderes kann gelten, wenn eine anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers ohne weiteres möglich, gegebenenfalls arbeitsvertraglich sogar vorgesehen ist. Kann der Arbeitnehmer unter Wegfall von Teilaufgaben (Fahrtätigkeit) sinnvoll und zumutbar weiterbeschäftigt werden, hat er für seine Arbeitsleistung auch Ansprüche auf Arbeitsvergütung.
Das Bundesarbeitsgericht verpflichtet Arbeitgeber darüber hinaus zu prüfen, ob ein Einsatz von Arbeitnehmern unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu geänderten Bedingungen erfolgen kann (BAG, Urteil vom 30.05.1978, Az. 2 AZR 630/76). Besteht eine solche Möglichkeit und lässt sich der Arbeitnehmer auf eine solche im Rahmen einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ein, wäre Vergütung zu den abgeänderten Bedingungen zu zahlen. Lehnt der Arbeitnehmer eine solche zeitweilige oder dauerhafte Änderung der Arbeitsbedingungen ab, kann sich für den Arbeitgeber die Verpflichtung ergeben, eine gegebenenfalls außerordentliche Änderungskündigung auszusprechen.
2. Außerordentliche/ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Ist das Arbeitsverhältnis wegen des Verlusts der Fahrerlaubnis des Arbeitnehmers jedenfalls zeitweilig sinnentleert, stellt sich die Frage, inwieweit auch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung in Betracht kommt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Entziehung der Fahrerlaubnis eines als Kraftfahrer beschäftigten Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 626 BGB sein (BAG, Urteil vom 05.06.2008, Az. 2 AZR 984/06). Erst recht ist der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung zu erwägen. Die Kündigungen kommen unter dem Aspekt einer schwerwiegenden Pflichtverletzung in Betracht. Ein Beispiel dafür wäre eine Alkoholfahrt während der Arbeit. Zu bedenken ist aber, dass vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung regelmäßig eine Abmahnung erforderlich ist. In besonderen Fällen, insbesondere bei äußerst schwerwiegenden Pflichtverletzungen, kann eine solche entbehrlich sein.
Ferner ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus „personenbedingten Gründen“ vorstellbar. Der schlichte Umstand der dauerhaften Nichteignung des Arbeitnehmers zur Erbringung seiner Leistungen wegen Führerscheinentzugs vermag in vielen Fällen eine Kündigung zur rechtfertigen. Auch hier gilt aber, dass zuvor sorgfältig geprüft wird, ob nicht zur Vermeidung einer Kündigung eine anderweitige Beschäftigung denkbar und zumutbar ist.
3. Praxishinweise
Erfährt der Arbeitgeber vom Entzug der Fahrerlaubnis eines Arbeitnehmers, ist im Regelfall sehr kurzfristiges Handeln geboten. Sollte eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommen, ist auf die gesetzliche Ausschlussfrist für derlei Kündigungen nach § 626 Abs. 2 BGB hinzuweisen. Sollte dann noch ein Betriebsrat zu beteiligen sein, bleiben regelmäßig nur wenige Tage, um sachgerecht reagieren zu können!
Gerade in Fragen einer etwaigen Beschäftigungsmöglichkeit zu abgeänderten Bedingungen, einer Änderungskündigung etc. besteht im Regelfall weitreichender Informationsbedarf. Setzen Sie sich daher in derlei Fallgestaltungen schnellstmöglich mit uns in Verbindung.
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