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Betriebsversammlung und Beteiligung der Gewerkschaft – Gewerkschaftsrechte und deren Grenzen
Die Betriebsversammlung besteht aus den Arbeitnehmern des Betriebs und wird vom Vorsitzenden des Betriebsrats geleitet. Allerdings beschränkt sich die Betriebsversammlung nicht auf die Mitwirkung von Arbeitnehmern und Betriebsrat. § 43 Abs. 3 BetrVG verpflichtet den Betriebsrat, den Arbeitgeber zu Betriebsversammlungen unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen. Gemäß § 46 Abs. 1 BetrVG können beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften an Betriebsversammlungen beratend teilnehmen. Dem gegenüber steht das Recht des Arbeitgebers, bei einer Teilnahme an der Betriebsversammlung einen Beauftragten der Vereinigung der Arbeitgeber, der er angehört, hinzuzuziehen.
Nach der gesetzlichen Konzeption bleibt die Betriebsversammlung eine innerbetriebliche Einrichtung. Gerade bei Hinzuziehung von Gewerkschaftsbeauftragten besteht die Gefahr, dass gewerkschaftspolitische Interessen in den Vordergrund gerückt werden. Deshalb ist zu klären, welche rechtlichen Grenzen die Gewerkschaftsbetätigung in der Betriebsversammlung hat.
1. Befugnisse der Gewerkschaftsvertreter in der Betriebsversammlung
§ 46 Abs. 1 Satz 1 BetrVG weist den Beauftragten von Gewerkschaften in der Betriebsversammlung beratende Funktion zu. Eine solche schließt indes nicht aus, dass Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft selbst das Wort in der Betriebsversammlung ergreifen. Die beratende Stellung verbietet es einem Gewerkschaftsbeauftragten lediglich, ein Stimmrecht auszuüben. Allerdings soll dem Gewerkschaftsbeauftragten auf jede Wortmeldung das Wort zu erteilen sein. Allgemein wird angenommen, dass Beauftragte der Gewerkschaft sogar Anträge anregen können, die in der Betriebsversammlung behandelt werden.
Ein Gewerkschaftsbeauftragter darf sich in der Betriebsversammlung aber nur im Rahmen der von § 45 BetrVG vorgegebenen Themenzuständigkeit äußern. Er hat die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und die Vorgaben zur Wahrung der Friedenspflicht nach § 74 BetrVG zu beachten.
Nach § 45 BetrVG können Betriebsversammlungen unter anderem Angelegenheiten tarifpolitischer Art behandeln. Damit stellt sich die Frage, mit welchem Inhalt „tarifpolitische Fragen“ im Sinne im § 45 BetrVG erörtert werden dürfen.
Allgemein gilt, dass in der Betriebsverfassung über die für den Betrieb maßgebenden Tarifverträge oder über grundsätzliche Urteile zu solchen Tarifverträgen unterrichtet werden darf. Auch ist es gestattet, über den Stand laufender Tarifverhandlungen oder über die Vorstellung einer künftigen Gestaltung des für den Betrieb maßgebenden Tarifvertrags zu unterrichten. Zweifelhaft sind hingegen tarifpolitische Stellungnahmen.
Häufig werden diese Grenzen der Mitwirkungsberechtigung von Gewerkschaftsvertretern überschritten, insbesondere im Zuge bzw. im Nachgang von Arbeitskämpfen im Betrieb. Hier gilt, dass es einem Gewerkschaftsvertreter schon untersagt ist, Fragen eines zurückliegenden Arbeitskampfes in der Betriebsversammlung zu thematisieren. Ebenso wenig ist es akzeptabel, wenn arbeitskampfbeteiligten Arbeitnehmern Leistungen der Gewerkschaft zugesagt werden oder wenn sich der Gewerkschaftsvertreter darauf beschränkt, kampfbeteiligten Arbeitnehmern ausdrücklich zu danken. Derartige Äußerungen haben belegschaftsspaltende Tendenz. Im Ergebnis wickelt die Gewerkschaft in solchen Fallgestaltungen Fragen des Arbeitskampfes in einer Betriebsversammlung ab, die gerade in einer solchen Versammlung keine Rolle spielen dürfen.
2. Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers
Stellt der Arbeitgeber fest, dass einem Gewerkschaftsvertreter in der Betriebsversammlung rechtlich nicht tolerierte Möglichkeiten zur Behandlung tarifpolitischer Fragen eröffnet werden, kann dies zunächst als Pflichtwidrigkeit des Betriebsrats gewertet werden. Der/die Betriebsratsvorsitzende hat in Ausübung der Leitung der Veranstaltung darauf hinzuwirken, dass sich Verhaltensweisen der Teilnehmer im gesetzlichen Rahmen bewegen. Gegebenenfalls ist einem Vertreter der Gewerkschaft das Wort zu entziehen. Unterbleiben derartige Handlungen, kann dies unter Umständen als grobe Pflichtverletzung im Sinne von § 23 Abs. 1 BetrVG bewertet werden. Der Arbeitgeber kann darauf mit einem Antrag auf Ausschluss von Betriebsratsmitgliedern aus dem Betriebsrat oder Auflösung des Betriebsrats insgesamt reagieren.
Daneben kommen Unterlassungsansprüche gegenüber dem/der Betriebsratsvorsitzenden und der Gewerkschaft in Betracht. Derartige Rechte spielen insbesondere dann eine Rolle, wenn Teilversammlungen mit identischem Inhalt durchgeführt werden sollen. Dann darf der Arbeitgeber befürchten, dass sich ein rechtlich unzulässiges Verhalten in einer gleichgelagerten Folgeveranstaltung wiederholt.
Der Arbeitgeber sollte darüber hinaus erwägen, derlei Unterlassungsansprüche in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren im Wege einer einstweiligen Verfügung durchzusetzen.
Die Wahl des „richtigen“ Mittels setzt auch hier eine sorgfältige Einzelfallprüfung sowie hinreichende Erfahrung auf dem Gebiet des Betriebsverfassungsrechts voraus. Sprechen Sie uns hierzu an.
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