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Aufruf zum Arbeitskampf durch die Gewerkschaft (Streik/Warnstreik) im Betrieb – Welche Grenzen sind von der Gewerkschaft zu achten:
Den Gewerkschaften obliegt die Wahrnehmung der Interessen der bei ihr organisierten Arbeitnehmer. Sie haben die Aufgabe, Arbeitsbedingungen mit Arbeitgebern auszuhandeln, die typischerweise in Tarifverträgen niedergelegt werden. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass der einzelne Arbeitnehmer gerade in Zeiten eines Arbeitskräfteüberangebots nicht ausreichend in der Lage ist, seine Interessen im Arbeitsverhältnis durchzusetzen.
Die sogenannte Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer ist in Art. 9 Abs. 3 GG garantiert. Dieses Grundrecht gewährleistet darüber hinaus die sogenannte Koalitionsbetätigungsfreiheit. Den Koalitionen (Gewerkschaften) wird das Recht eingeräumt, für die Durchsetzung der ins Auge gefassten Arbeitsbedingungen auch zum Mittel des Arbeitskampfes (Streik) zu greifen.
Arbeitskampfmaßnahmen zielen gerade darauf ab, die Interessen des Arbeitgebers nachdrücklich zu beeinträchtigen. So soll der Arbeitgeber zum Abschluss eines den Arbeitnehmern günstigen Tarifvertrags gezwungen werden.
In der Praxis ist häufig festzustellen, dass Gewerkschaften vorschnell zu Arbeitskämpfen aufrufen bzw. Maßnahmen ergreifen, die von der grundgesetzlichen Koalitionsbetätigungsfreiheit nicht mehr gedeckt sind. So finden sich Bestrebungen von Gewerkschaftsvertretern, Betriebe zum Arbeitskampfaufruf aufzusuchen, um dort Informationsmaterial und Kampfaufrufe zu verteilen.
Die Rechte der Gewerkschaften sind in diesen Fällen nicht unbeschränkt:
1. Streikaufruf und Arbeitskampfbeschluss
Ein Aufruf zum Arbeitskampf setzt voraus, dass überhaupt ein wirksamer Streikbeschluss der Gewerkschaft gefasst worden ist. Des Weiteren ist erforderlich, dass der Arbeitskampfbeschluss gegenüber dem Kampfgegner bekannt gemacht wird. Nach Auffassung der Rechtsprechung muss die Mitteilung über Kampfbeginn und Kampfende zumindest einer Führungskraft zugehen, die nach ihrer Stellung in der betrieblichen Hierarchie für die Organisation bzw. die Wiederaufnahme der betrieblichen Arbeit zuständig ist (LAG Hamm, Urteil vom 22.05.1986, Az. 8 Sa 269/85). Der Arbeitskampfbeschluss muss vom zuständigen Organ der Gewerkschaft verabschiedet worden sein (BAG, Urteil vom 31.10.1995, Az. 1 AZR 217/95).
Die Bekanntmachung des Beschlusses gegenüber dem Arbeitgeber ist in der Weise erforderlich, dass der Arbeitgeber als Kampfgegner erkennen kann, von wem der Beschluss stammt, wen er vertritt, um welche Kampfmaßnahme es geht, wer zur Teilnahme am Arbeitskampf aufgerufen wird und wann die Maßnahme zu beginnen bzw. enden soll. Diese formellen Voraussetzungen gelten nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts explizit auch für sogenannte Warnstreiks. Solche Streiks sind gegenüber anderen Arbeitskampfformen nicht privilegiert. Es sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, aufgrund derer sich bei Kurzstreiks ausnahmsweise eine entsprechende Erklärung der Gewerkschaft erübrigen könnte.
2. Betreten des Betriebs durch Gewerkschaftsmitglieder
Gewerkschaftsmitglieder haben im Zusammenhang mit Arbeitskampfmaßnahmen grundsätzlich kein Zutritts- und Betätigungsrecht im Betrieb des Arbeitgebers. Sie können sich auch nicht auf ein Zutritts- und Betätigungsrecht gemäß § 2 Abs. 2 BetrVG berufen. Zwar verpflichtet § 2 Abs. 2 BetrVG den Arbeitgeber, einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft Zugang zum Betrieb zu gewähren, dies aber nur zur Wahrnehmung der im BetrVG genannten Aufgaben und Befugnisse! Dazu gehören selbstverständlich keine Arbeitskampfmaßnahmen. Solche sind nach § 74 BetrVG zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gerade untersagt.
Verschaffen sich Betriebsratsmitglieder zum Zwecke des Kampfaufrufs Zutritt zum Betrieb, kann dies grundsätzlich als Hausfriedensbruch nach § 123 StGB gewertet werden. Das betroffene Unternehmen hat insoweit Unterlassungsansprüche gemäß § 1004 Abs. 4 BGB in Verbindung mit § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, Art. 9 Abs. 3 GG. Der eindringenden Gewerkschaft kann durch das Arbeitsgericht aufgegeben werden, es zu unterlassen, gewerkschaftlich organisierte oder nicht organisierte Arbeitnehmer des Betriebs zum (Warn-)Streik aufzurufen, solange kein Streikbeschluss durch die Gewerkschaft gefasst und/oder ein solcher nicht gegenüber dem Arbeitgeber bekannt gemacht worden ist. Für den Fall einer Zuwiderhandlung drohen Ordnungsgelder von bis zu 250.000,00 EUR!
Wir sind in der Begleitung von Arbeitskämpfen spezialisiert und erfahren. In Problemfällen unterstützen wir Sie bei der Lösung von Problemen eines Arbeitskampfes.
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