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Arbeitnehmererfindung – Vergütungspflicht und Anspruchsdurchsetzung:

Der Schutz von Arbeitnehmererfindungen steht im Spannungsfeld von Patentrecht und dem arbeitgeberseitigen Recht zur Verwertung der Arbeitsergebnisse von Arbeitnehmern: Macht ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz eine Erfindung, die vom Arbeitgeber genutzt werden und ihm wirtschaftliche Vorteile verschaffen könnte, greift zunächst der allgemeine arbeitsrechtliche Grundsatz, wonach alle Arbeitsergebnisse des Arbeitnehmers entschädigungslos dem Arbeitgeber zustehen. Dem stehen die Grundsätze des Patentrechts gegenüber; letzteres schützt den Erfinder als den geistigen Urheber einer schutzfähigen Erfindung und ordnet ihm die Nutzungsrechte daran zu.

Dieses Spannungsfeld zwischen entschädigungslosem Verwertungsanspruch des Arbeitgebers und Patentschutz des Erfinders löst das Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG) vom 25.07.1957 auf. Das ArbnErfG begründet für den Arbeitgeber ein umfassendes Recht zur Aneignung und Verwertung der Erfindung. Der Arbeitnehmererfinder erhält im Gegenzug für seine besondere Leistung und als Anreiz für zukünftige Kreativität einen Anspruch auf angemessene Vergütung.

Das Gebiet des Arbeitnehmererfindungsrechts ist in zahlreichen Betrieben und Arbeitsverhältnissen von großer Bedeutung. Vielfach bewirken Erfindungsleistungen von Arbeitnehmern einen immensen wirtschaftlichen Vorteil für das Unternehmen, sodass die Erfindervergütung häufig sehr hohe Beträge, zum Teil über der Millionengrenze, erreicht.

Nachfolgend sollen die Grundsätze der Erfindervergütung und der Anspruchsdurchsetzung dargestellt werden:

 

1. Arbeitnehmererfindung

Dem ArbnErfG unterliegen Erfindungen und technische Verbesserungsvorschläge von Arbeitnehmern im privaten und im öffentlichen Dienst, von Beamten und Soldaten, § 1 ArbnErfG. Gemäß § 2 ArbnErfG sind Erfindungen nur solche, die patent- oder gebrauchsmusterfähig sind.

Eine eigenständige Definition des Begriffs der Erfindung und des technischen Verbesserungsvorschlags enthält das Gesetz nicht. Es knüpft vielmehr an das Patent-und Gebrauchsmusterrecht an. Gemäß §§ 1 ff. des Patentgesetzes (PatG) sind solche Erfindungen patentfähig, die eine neue, schöpferische Lehre zum technischen Handeln geben, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Nicht davon erfasst sind mathematische Methoden, wissenschaftliche Theorien, Züchtungen im Pflanzen-und Tierbereich oder Heilmethoden. Als gebrauchsmusterfähig gelten Erfindungen mit einer geringeren Erfindungshöhe. Nach § 1 des Gebrauchsmustergesetzes (GebrMG) wird insoweit eine Bereicherung der Technik in einem gewissen Ausmaß gefordert.

 

2. Grundsätze der Vergütungshöhe und -art

Die Rechtsverhältnisse rund um Arbeitnehmererfindungen bestimmen sich nach dem ArbnErfG. § 9 normiert eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers. Der eine Erfindung tätigende Arbeitnehmer hat danach einen Anspruch auf eine „angemessene“ Vergütung.

Das ArbnErfG hält grundsätzlich für die Ermittlung der Höhe der angemessenen Vergütung ein zweistufiges Verfahren vor. Demnach sollen sich die Arbeitsvertragsparteien innerhalb einer angemessenen Frist nach Inanspruchnahme der Diensterfindung vertraglich über Art und Höhe der Vergütung einigen (sogenanntes Feststellungsverfahren, § 12 Abs. 1 ArbnErfG). Im Nichteinigungsfall sieht § 12 Abs. 3 ArbnErfG vor, dass der Arbeitgeber die Vergütung durch eine Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer einseitig festsetzt (sogenanntes Festsetzungsverfahren).

Die Höhe der angemessenen Vergütung richtet sich entsprechend § 9 Abs. 2 ArbnErfG und den zu § 11 ArbnErfG erlassenen Richtlinien nach den folgenden Umständen:

– die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Erfindung

– die Aufgabe und Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb

– den Anteil des Betriebs selbst am Zustandekommen der Erfindung.

Da der Arbeitnehmer in der Regel nicht in der Lage ist, sich über den wirtschaftlichen Wert seiner Erfindung ein hinreichendes Bild zu machen und insbesondere die wirtschaftlichen Vorteile für seinen Arbeitgeber zu beziffern, wird dem Arbeitnehmer ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zugebilligt.

Kommt der Arbeitgeber der Auskunfts- und Rechnungslegungsverpflichtung nicht nach, kann arbeitnehmerseitig eine sogenannte Stufenklage erhoben werden. Das bedeutet, dass vom Arbeitgeber in einem gerichtlichen Klageverfahren zunächst Auskunft über die maßgeblichen wirtschaftlichen Vorteile aus der betreffenden Erfindung verlangt wird, um sodann unter Zugrundelegung der erhaltenen Informationen einen Vergütungsanspruch beziffern zu können.

 

3. Anspruchsdurchsetzung

Unterbleibt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ebenso wie eine arbeitgeberseitige Festsetzung, ist der Arbeitnehmer nicht rechtlos gestellt. Vielmehr ist er gehalten, selbst die Initiative zu ergreifen und seine Ansprüche auf angemessene Vergütung mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen. Bevor eine Klage auf Vergütungsfestsetzung erhoben werden kann, ist grundsätzlich ein Schlichtungsverfahren vor der Schiedsstelle nach den §§ 28 ff. ArbnErfG durchzuführen. Dies bestimmt § 37 Abs. 1 ArbnErfG. Allerdings gelten hier auch Ausnahmen: So kann u.a. sogleich Klage erhoben werden, wenn seit der Anrufung der Schiedsstelle 6 Monate verstrichen sind, wenn der Arbeitnehmer aus dem Betrieb des Arbeitgebers ausgeschieden ist oder wenn die Parteien vereinbart haben, von der Anrufung der Schiedsstelle abzusehen.

 

4. Fälligkeit, Dauer und Verjährung des Vergütungsanspruchs

Um Vergütungsansprüche des Arbeitnehmererfinders im Klagewege erfolgreich durchsetzen zu können, müssen diese fällig sein und noch fortbestehen. Sie müssen darüber hinaus unverjährt sein.

Der Anspruch auf Vergütung für eine Diensterfindung wird nach den hierzu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen fällig, wenn der Arbeitgeber die Nutzung aufnimmt. Damit ist der Zeitpunkt gemeint, in dem der wirtschaftliche Vorteil aus der Benutzung der Diensterfindung beim Arbeitgeber tatsächlich eingetreten ist (BGH, Urteil vom 28.06.1962, Az. I ZR 28/61-CROMEGAL).

Hiervon ist die Frage zu unterscheiden, in welchem Umfang Vergütungsansprüche fällig werden. Dies richtet sich in erster Linie nach der getroffenen Vergütungsvereinbarung oder Vergütungsfestsetzung. Fehlt eine solche Vereinbarung/Festsetzung, richtet sich die für die Fälligkeit maßgebliche Leistungszeit nach den Umständen. Hierbei werden insbesondere die Maßstäbe der Richtlinie nach § 11 ArbnErfG sowie die allgemeine Praxis herangezogen. Danach werden Vergütungsansprüche bei laufender Verwertung im Regelfall nach Ablauf eines jeden Geschäftsjahres fällig.

Eine weitere Frage ist diejenige nach der Dauer der Pflicht zur Vergütungszahlung.

Die Länge der Vergütungsdauer richtet sich in der Regel nach der Laufzeit des Schutzrechts (Patent, Geschmacksmuster etc.). Solange das Schutzrecht besteht und auch verwertet wird, ist grundsätzlich eine Erfindervergütung zu zahlen. Erlischt das Schutzrecht, so entfällt trotz weiterer Benutzung regelmäßig der Vergütungsanspruch.

Die Verjährung des Anspruchs auf Erfindervergütung richtet sich nach den allgemeinen Verjährungsregelungen des BGB. Danach verjähren Ansprüche nach Ablauf von 3 Jahren ab Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und in dem der Arbeitnehmer von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

 

Fazit:

Die Praxis zeigt, dass vergütungspflichtige Arbeitnehmererfindungen im Sinne des ArbnErfG häufig gar nicht oder erst sehr spät erkannt werden, insbesondere vom Arbeitnehmer. Bestehen Anhaltspunkte für die Annahme, dass vom Arbeitnehmer am Arbeitsplatz eine Erfindung oder ein technischer Verbesserungsvorschlag mit realem Nutzwert für den Arbeitgeber geschaffen wurden, sind die Vorgaben des ArbnErfG umzusetzen. Dabei sind zahlreiche formale Aspekte und Fristsetzungen zu beachten. Die gesetzlich vorgesehenen Verfahren zur Bemessung der „angemessenen“ Vergütung müssen in rechtskonform Weise durchgeführt werden, um gerichtliche Auseinandersetzungen möglichst zu vermeiden.

Wir beraten und unterstützen hier sowohl Arbeitgeber/Unternehmen als auch „Erfinder“ bei der Abwicklung solcher Themen.