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Kündigung im öffentlichen Dienst und Abfindungsanspruch – arbeits- und tarifvertragliche Spielregeln:

 

Der öffentliche Dienst wird gemeinhin als sicherer und komfortabler Arbeitgeber angesehen. Tatsächlich bietet er vergleichsweise sichere Arbeitsplätze. Insbesondere sind Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen nicht an der Tagesordnung. Zum Teil ist es dem Arbeitgeber tarifvertraglich sogar untersagt, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen.

Dennoch unterliegt auch der öffentliche Dienst einem steten Strukturwandel. Anforderungen an Arbeitsplätze verändern sich ebenso wie Beschäftigungsbedürfnisse insgesamt. Daher spielen betriebsbedingte Kündigungen hier durchaus eine Rolle.

Soweit die Tarifvertragsparteien keine Kündigungsausschlüsse vereinbart haben, existieren zum Teil Abfindungsregelungen. Diese sollen nachstehend näher beleuchtet werden:

 

1. Kündigungen im öffentlichen Dienst

Soweit Mitarbeiter in den öffentlichen Verwaltungen nicht als Beamte, vielmehr als Arbeitnehmer auf Grundlage eines Arbeitsvertrags beschäftigt werden, gelten die allgemeinen Regelungen des Arbeitsrechts. Insbesondere kommt das Kündigungsschutzgesetz  (KSchG) zur Anwendung. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers im öffentlichen Dienst bedarf dann, wenn im Betrieb/der Dienststelle regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden, der sozialen Rechtfertigung, vgl. § 1 Abs. 2 KSchG. Nur in kleineren Verwaltungen besteht der Kündigungsschutz nach dem KSchG nicht, was aber die absolute Ausnahme ist.

Soweit arbeitgeberseitig das Vorliegen von Kündigungsgründen dargelegt und bewiesen werden kann, kann das Arbeitsverhältnis wirksam unter Berücksichtigung der sonstigen Wirksamkeitsvoraussetzungen (Schriftform der Kündigung, Beachtung eines etwaigen Sonderkündigungsschutzes etc.) beendet werden.

 

2. Tarifvertragliche Kündigungsausschlüsse

Auf nahezu sämtliche Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst finden tarifvertragliche Regelungen Anwendungen. Zum einen sind zahlreiche Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst Mitglied der für diesen Bereich zuständigen Gewerkschaft (vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di). Zum anderen verweisen nahezu sämtliche Arbeitsverträge im öffentlichen Dienst auf die Regelungen der einschlägigen Tarifverträge, hier besonders auf die des TVöD und des TV-L. Es handelt sich um sogenannte arbeitsvertragliche Inbezugnahmen. Diese haben die Wirkung, dass die jeweils im Arbeitsvertrag benannten tarifvertraglichen Regelungen auch bei nichtbestehender Gewerkschaftsmitgliedschaft angewendet werden. Damit wird das Ziel verfolgt, sämtliche Arbeitnehmer gleich zu behandeln.

Für den Bereich der kommunalen Arbeitgeber sowie des Bundes statuiert § 34 Abs. 2 TVöD ein Verbot der ordentlichen Kündigung. Dieses besteht unter der Voraussetzung, dass die beschäftigte Person das 40. Lebensjahr vollendet hat, die Regelungen des Tarifgebiets „West“ Anwendung finden und eine Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren besteht. Insbesondere in jüngeren Arbeitsverhältnissen sowie im Bereich der neuen Bundesländer kommt diese Regelung nicht zum Tragen.

Eine identische Regelung findet sich im TV-L für den Bereich der Bundesländer, auch hier gilt die lokale Beschränkung auf das Tarifgebiet „West“.

Arbeitnehmer können hier lediglich aus „wichtigem Grund“, das heißt außerordentlich gekündigt werden. An eine solche Kündigung sind besonders strenge Anforderungen zu stellen.

 

3. Abfindung nach Tarifvertrag

Für die Bundesrepublik Deutschland und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und für die Länder andererseits sind Tarifverträge zur sozialen Absicherung geschlossen worden. Beispielhaft zu benennen ist hier der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung für den Bereich des Bundes und der Kommunen vom 13.09.2005. Der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung (TVsA) sieht in § 4 Abs. 1 vor, dass Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis aus Gründen des Personalabbaus entweder gekündigt oder durch Auflösungsvertrag beendet wird, eine Abfindung erhalten. Die Abfindung beträgt gem. § 4 Abs. 2 TVsA für jedes volle Jahr der Beschäftigung ein Viertel des letzten Tabellenentgelts, mindestens aber die Hälfte und höchstens das 5-fache des Entgelts. Soweit das Arbeitsverhältnis durch Auflösungsvertrag beendet wird, soll die Abfindung bis zum 7-fachen Tabellenmonatsentgelt festgelegt werden können.

Bei der Anwendung dieser Abfindungsregelung ist indes Vorsicht geboten: Das Bundesarbeitsgericht hat in einer jüngeren Entscheidung zum wiederholten Male herausgestellt, dass „Personalabbau“ im tarifvertraglichen Sinne das Ausscheiden einer Mehrzahl von Arbeitnehmern aus betriebsbedingten Gründen bedeutet (BAG, Urteil vom 19.06.2012, Az.: 1 AZR 137/11).

Die betriebsbedingte Kündigung eines einzelnen Arbeitnehmers löst daher die tarifvertraglichen Abfindungsansprüche nicht aus.

Arbeitnehmern, die im öffentlichen Dienst von einer betriebsbedingten oder sonstigen Kündigung bedroht sind, ist dennoch nicht der Weg zu einer Abfindung versperrt. Regelmäßig kann eine solche im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens erzielt werden; dort erzielte Abfindungen sind häufig sogar erheblich höher als diejenigen nach den Tarifverträgen zur sozialen Absicherung!

Droht eine Kündigung oder ist eine solche bereits ausgesprochen, ist dem jeweiligen Arbeitnehmer daher dringend zu raten, anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Da ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung zahlreiche, zum Teil sehr kurze, Fristen für die Durchsetzung von Rechten zu laufen beginnen, ist sofortiges Handeln erforderlich.

Wir unterstützen Sie hier gerne.