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Arbeitsunfall und Alkohol – Welche Gefahren drohen für den Versicherungsschutz?

Wie in sämtlichen Lebensbereichen drohen auch im Arbeitsverhältnis (Arbeits-) Unfälle. Häufig ist das Risiko von Arbeitsunfällen im Arbeitsverhältnis sogar gesteigert, da viele Arbeitsplätze auf Grund ihrer Ausgestaltung ein hohes Gefahrenpotenzial mit sich bringen.

 

1. Grundlagen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes

Dies hat den Gesetzgeber schon vor langer Zeit dazu veranlasst, eine gesetzliche Unfallversicherung zu installieren. Der gesetzliche Unfallschutz im Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit bestimmt sich nach den Regelungen des SGB VII.

Die Rechtsfolgen eines Arbeitsunfalls sind in den §§ 104 ff. SGB VII geregelt. Daneben ist eine private Haftung für einen erlittenen Personenschaden entsprechend §§ 280, 823 BGB weitgehend ausgeschlossen. Der auf Grund eines Arbeitsunfalls Geschädigte kann Leistungen der Berufsgenossenschaft als gesetzliche Unfallversicherung beanspruchen. Diese steht ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers und ungeachtet eines möglichen Allein- oder Mitverschuldens des Geschädigten am Unfall für den Schaden ein.

Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erstreckt sich auf die im SGB VII geregelten Versicherungsfälle. Hierbei handelt es sich zum einen um Arbeitsunfälle im Sinne von § 8 SGB VII, zum anderen um Berufskrankheiten gemäß § 9 SGB VII.

Die Versicherung erfasst die Kraft Gesetzes (§ 2 SGB VII), Satzung (§ 3 SGB VII) oder freiwilligen Beitritts (§ 6 SGB VII) versicherten Personen. Insbesondere „unselbständig Beschäftigte“ (Arbeiter, Angestellte, Lehrlinge, Volontäre, Praktikanten, Aushilfen und andere in einem wirtschaftlichen oder persönlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen stehende Personen) sind Kraft Gesetzes versichert. Der Versicherungsschutz greift schon bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein; einer expliziten Anmeldung oder Begründung der Mitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft bedarf es hier nicht. Anders verhält es sich naturgemäß bei freiwillig versicherten Personen.

 

2. Begriff des Arbeitsunfalls

§ 8 Abs. 1 SGB VII definiert den Begriff des Arbeitsunfalls. Arbeitsunfälle sind danach Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach dem gesetzgeberischen Verständnis zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Gemäß § 8 Abs. 2 SGB VII sind auch so genannte „Wegeunfälle“ versichert. Allerdings ist nicht jeder Weg, der in irgendeinem Zusammenhang mit der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis zurückgelegt wird, versichert, vielmehr finden sich in § 8 Abs. 2 SGB VII Beschränkungen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes. Stets versichert ist der direkte Weg vom Wohnort zur Arbeitsstätte und zurück. Auch Wegstrecken, die im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern etc. zurückgelegt werden müssen, sind mit abgesichert.

 

3. Arbeits-/Wegeunfall und Alkohol

Für die Annahme eines Arbeitsunfalls ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Die Rechtsprechung fordert hier einen inneren bzw. sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss für den Unfall/das Unfallereignis ursächlich sein (Unfallkausalität) und das Unfallereignis muss den Versicherungsfall (Gesundheitsschaden/Tod des Versicherten) wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität), vgl. BSG, Urteil vom 19.11.2011, Az. B2U 10/R.

Die versicherte Tätigkeit soll für einen Unfall dann nicht ursächlich sein, wenn die versicherte Person zum Zeitpunkt eben dieses Unfalls z.B. aufgrund einer Alkoholisierung, nicht mehr in der Lage gewesen ist, die versicherte Tätigkeit zu erbringen. Dann soll die Alkoholisierung als wesentliche Ursache für den Unfall zu begreifen sein, die ihrerseits aber nicht der gesetzlichen Unfallversicherung unterfällt.

Allerdings soll nicht jegliche Alkoholisierung dazu führen, dass die Ursächlichkeitsverknüpfung zwischen verrichteter Tätigkeit und Arbeitsunfall als aufgehoben gilt. Ein Ausschluss des Versicherungsschutzes soll nur dann erfolgen, wenn entweder ein alkoholbedingter „Leistungsausfall“ oder „Leistungsabfall“ vorlag.

Den „Leistungsausfall“ sieht die Rechtsprechung dann als gegeben an, wenn Beweisanzeichen gegeben sind, die es nahe legen, dass der Versicherte zum Unfallzeitpunkt alkoholbedingt zu einer zweckgerichteten Absolvierung der versicherten Tätigkeit (z.B. der Autofahrt auf dem Heimweg) nicht mehr im Stande gewesen ist. Ein „Leistungsabfall“ auf Grund Alkoholisierung soll Versicherungsschutz dann ausschließen, wenn dieser derart stark ist, dass ihm im Vergleich zur versicherten Tätigkeit überragende Bedeutung für das Eintreten des Unfallereignisses beizumessen ist. Auch dann sei die versicherte Ursache (Arbeitstätigkeit/Fahrtätigkeit) nicht mehr als wesentlich für das Unfallereignis zu bewerten und daher die Unfallkausalität zu verneinen (BayLSG, Urteil vom 17.04.2012, Az. L3U 543/10 Z VW).

Ereignet sich z. B. bei Zurücklegen eines grundsätzlich versicherten Weges ein Unfall und ist die versicherte Person alkoholisiert gewesen, kommt es darauf an, ob absolute oder relative Fahruntüchtigkeit gegeben war. Absolute Fahruntüchtigkeit beschreibt die Unwiderleglichkeit des Indizwertes der Blutalkoholkonzentration. Hier gilt ein Grenzwert von 1,1 Promille Blutalkoholgehalt.

Diese Überlegungen sind auch auf sonstige Arbeitsunfälle zu übertragen.

 

4. Fazit:

Arbeits- und Wegeunfälle sind stets kritisch zu beleuchten. Dies gilt insbesondere deshalb, weil außerhalb des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes privatrechtliche Haftungsgrundsätze zur Anwendung gelangen. Für Arbeitgeber besteht hier einmal mehr Veranlassung, darauf hinzuwirken, dass hinreichende Alkoholverbote für den Betrieb ausgesprochen werden, dies möglicherweise durch Betriebsvereinbarung oder in einer verbindlichen Arbeitsordnung.