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Versetzung, Abordnung, Zuweisung, Personalgestellung im öffentlichen Dienst – Welche Regelungen sind von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Personalvertretung zu beachten:

Die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst werden im Wesentlichen von zwei Tarifverträgen bestimmt: zum einen vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zum anderen vom Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

Der TVöD gilt für Beschäftigte, die entweder in einem Arbeitsverhältnis zur Bundesrepublik Deutschland oder zu einem Arbeitgeber, der Mitglied eines Mitgliedsverbandes der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) ist, stehen. Letzteres ist regelmäßig bei Angestellten von Kommunen (Landkreise, Gemeinden, kreisfreie Städte) der Fall.

Hingegen gilt der TV-L für Beschäftigte der einzelnen Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland.

Grundsätzlich gelten TVöD und TV-L nur für Arbeitnehmer, die Mitglieder der tarifvertragsschließenden Gewerkschaft (ver.di) sind. Allerdings nehmen regelmäßig nahezu sämtliche Arbeitsverträge auch nicht gewerkschaftsangehöriger Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst fast vollständig die Regelungen von TVöD bzw. TV-L in Bezug, was ohne weiteres zulässig ist.

Sowohl TVöD als auch TV-L gewährleisten dem jeweiligen Arbeitgeber große Flexibilität bei der Ausgestaltung der Beschäftigung. Gemäß § 4 TVöD/TV-L können Beschäftigte versetzt, abgeordnet, einem anderen Arbeitgeber zugewiesen oder im Wege der Personalgestellung überlassen werden.

 

1. Abordnung

Gemäß Protokollerklärung Nr. 1. zu § 4 Abs. 1 TVöD/TV-L ist die Abordnung die Zuweisung einer vorübergehenden Beschäftigung bei einer anderen Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben oder eines anderen Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Es handelt sich also um eine zeitlich befristete Maßnahme bei der feststeht, dass der Arbeitnehmer zu seiner bisherigen Dienststelle zurückkehrt. Zeitliche Mindest- oder Höchstgrenzen für eine Abordnung definieren die Tarifverträge nicht.

Die Wirksamkeit einer Abordnung setzt voraus, dass dienstliche oder betriebliche Gründe für diese Maßnahme ins Feld geführt werden können. Betriebliche Gründe können sich zum Beispiel aus Aufgabenverlagerungen zwischen verschiedenen Dienststellen, vorübergehendem besonderem Arbeitsanfall etc. ergeben. In Betracht kommen auch Wünsche des Beschäftigten selbst. Im Einzelfall muss der Arbeitgeber/die Dienststelle aber jeweils eine Abwägung der Interessen der Dienststelle und des Beschäftigten entsprechend § 315 BGB, § 106 GewerbeO vornehmen.

Ferner ist zu beachten, dass es vielfach einer Beteiligung der zuständigen Personalvertretung bedarf. So bestimmt zum Beispiel § 75 Abs. 1 Nr. 4 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG), dass der Personalrat bei Abordnungen für eine Dauer von mehr als drei Monaten mitzubestimmen hat. Ähnliche Regelungen finden sich in zahlreichen Personalvertretungsgesetzen der einzelnen Bundesländer.

 

2. Versetzung

Die Versetzung unterscheidet sich von der Abordnung dadurch, dass sie auf Dauer angelegt ist. Hier gilt ebenso wie bei der Abordnung, dass es für eine solche Versetzung hinreichende dienstliche oder betriebliche Gründe geben muss. Auch ist vor Durchführung einer Versetzung eine hinreichende Interessenabwägung vorzunehmen. Da eine Versetzung tiefer in die Rechte des Beschäftigten eingreift als die Abordnung, müssen die für eine solche Versetzung sprechenden Gründe der Dienststelle gewichtiger sein, als für eine Abordnung.

Vor jeder Versetzung sind die Beschäftigten arbeitgeberseitig anzuhören. Damit soll sichergestellt werden, dass der Arbeitnehmer/Beschäftigte die Gelegenheit bekommt, den Arbeitgeber/die Dienststelle über etwaige Einwände gegen die Versetzung zu informieren. Allerdings macht die unterbliebene Anhörung die Versetzung nicht unwirksam!

Die Versetzung ist regelmäßig mitbestimmungspflichtig (vgl. zum Beispiel § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG).

 

3. Zuweisung

§ 4 Abs. 2 TVöD/TV-L berechtigt den Arbeitgeber/die Dienststelle, Beschäftigten vorübergehend Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber zuzuweisen, der selbst nicht unter dem Geltungsbereich von TVöD/TV-L fällt. Die Befugnisse des Arbeitgebers nach dieser tariflichen Regelung gehen außerordentlich weit. So kommen sogar Zuweisungen von Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber im Ausland in Betracht.

Die Wirksamkeit der Zuweisung setzt zunächst entsprechende dienstliche/betriebliche oder öffentliche Interessen voraus. Darüber hinaus bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung des Beschäftigten, die entsprechend § 4 Abs. 2 TVöD/TV-L nur aus wichtigem Grund verweigert werden darf. Die Tarifverträge machen damit deutlich, dass eine einseitige Zuweisung durch den Arbeitgeber nicht möglich ist. Es bedarf vielmehr des Zustandekommens einer Vertragsänderung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

In einer jüngeren Entscheidung hatte das Landesarbeitsgericht Hamm geurteilt, durch das in § 4 Abs. 2 Satz 1 TVöD festgeschriebene tarifliche Erfordernis der Zustimmung des Arbeitgebers werde seine vorübergehende Zuweisung an einen Dritten dem Weisungsrecht des Arbeitgebers entzogen. Dass im Falle der Weigerung der Zustimmung nach dem Willen der Tarifvertragsparteien für den Arbeitgeber bei entsprechend sorgfältiger Interessenabwägung ein einseitiges Weisungsrecht entsteht, soll sich § 4 Abs. 2 TVöD nicht entnehmen lassen (LAG Hamm, Urteil vom 08.10.2009, Az. 7 Sa 906/09). Daraus folgt, dass ohne ausdrückliche Zustimmung des Beschäftigten keine Zuweisung erfolgen darf! Sollte eine Zuweisung ohne Zustimmung dennoch vorgenommen werden, setzt sich der Arbeitgeber/die Dienststelle der Gefahr einer arbeitnehmerseitigen Klage auf vorläufige Aufhebung der Zuweisung aus. Arbeitnehmer hätten die Möglichkeit, eine Zuweisung durch Anrufung des Arbeitsgerichts über einen langen Zeitraum hinauszuschieben.

Auch bei Zuweisungen ist stets zu prüfen, ob die Personalvertretung mitzubestimmen hat. Für den Bereich des BPersVG folgt ein solches Mitbestimmungsrecht aus § 75 Abs. 1 Nr. 4 a. Einige Personalvertretungsgesetze der Länder enthalten entsprechende Regelungen.

 

4. Personalgestellung

Werden Aufgaben der Beschäftigten zu eine Dritten verlagert, kann gemäß § 4 Abs. 3 TVöD/TV-L arbeitgeberseitig verlangt werden, dass der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung bei dem Dritten zu erbringen hat. Ist von einer solchen Aufgabenverlagerung auszugehen, bedarf es für die Wirksamkeit der Personalgestellung keiner Zustimmung des Arbeitnehmers!

Verlagerungen von Aufgaben ergeben sich häufig in Folge von Privatisierungen von Teilbereichen des öffentlichen Dienstes (z. B. bei Krankenhäusern). Der Sache nach handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung, die durchaus den Regelungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) tangiert.

Erfolgt die Verlagerung von Aufgaben im Rahmen eines Betriebs-/Betriebsteilübergangs nach § 613 a BGB und ist ein Beschäftigter diesem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil zuzuordnen, wird es regelmäßig nicht bei einer Personalgestellung bleiben, vielmehr erfolgt dann der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebs-/Betriebsteilerwerber (§ 613 a Abs. 1 BGB).

Abordnung, Versetzung, Zuweisung und Personalgestellung sind für Arbeitgeber/Dienststellen sowie Arbeitnehmer/Beschäftigte regelmäßig mit einer Vielzahl arbeitsrechtlicher Fragen verbunden. Besondere Schwierigkeiten bestehen bei der Ausgestaltung wirksamer Zuweisungen und Personalgestellungen.

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