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Unfreundlich am Arbeitsplatz – Abmahnung oder gar Kündigung des Arbeitsverhältnisses?

Freundliches Verhalten wird durch eine entsprechende Gemütslage unterstützt. Eine solche stellt sich nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ständig ein. Ärgernisse, Missverständnisse, Überlastungen o.ä. am Arbeitsplatz können die Laune ebenso trüben wie das bloße morgendliche Aufstehen mit dem „falschen Fuß“.

Wie aber hat sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz und gegenüber Kunden, Geschäftspartnern etc. zu halten?

Diese Thematik ist auch von arbeitsrechtlicher Relevanz:

1. Welches Verhalten schuldet der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis?

Über einen Umstand herrscht allgemeine Klarheit: Beleidigungen, Diffamierungen und üble Nachrede sind im Arbeitsverhältnis nicht zu dulden. Verhält sich ein Arbeitnehmer in dieser Weise, tangiert er schon entsprechende Straftatbestände (§§ 185 ff. StGB).

Jedoch ist fraglich, wie das Verhalten des Arbeitnehmers unterhalb der Strafbarkeitsschwelle beschaffen sein muss. Konkrete Vorgaben, insbesondere in Gesetzen, gibt es hier nicht. Diese wären sicherlich auch nicht handhabbar. Allgemein gilt, dass sich der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz „sozialadäquat“ verhalten muss. Er muss ein zumindest den allgemeinen Maßstäben und Empfindungen entsprechendes Verhalten gegenüber Mitmenschen zeigen.

Hier kommen die so genannten „arbeitsvertraglichen Nebenpflichten“ zum Tragen. Nach diesen ist der Arbeitnehmer angehalten, sein Verhalten bzw. seinen Umgang mit Mitmenschen im Arbeitsverhältnis so zu gestalten, dass Rechte und Interessen Anderer nicht übermäßig beeinträchtigt werden. Es gilt der Grundsatz der Rücksichtnahme.

2. Pflichtenverstoß durch unfreundliches Verhalten?

In einer neueren Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein geurteilt, dass ein unfreundliches Verhalten eines Arbeitnehmers als Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten zu bewerten ist.

Das Gericht hatte über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Abmahnung eines Mitarbeiters zu befinden. Der abgemahnte Arbeitnehmer hatte die Aufgabe, Korrespondenzen mit Teilnehmern einer Fortbildungsmaßnahme zu führen. Ein Lehrgangsteilnehmer hatte dem abgemahnten Arbeitnehmer eine Nachricht gesandt und in dieser Fragen im Hinblick auf die Modalitäten einer Anmeldung, eine Prüfung und etwaige erlaubte Hilfsmittel gestellt. Der Befragte antwortete vergleichsweise harsch: „Hallo Herr…, es dürfte eigentlich selbstverständlich sein, dass man sich dort anmeldet, wo man sich auch zu schriftlichen Prüfung angemeldet hat. Dass Anmeldungen nicht auf Zuruf erfolgen können, sollte ebenfalls klar sein. Es wird eine mündliche Ergänzungsprüfung sein in der sie die gleichen Hilfsmittel wie bei der schriftlichen Prüfung benutzen dürfen. Mit freundlichen Grüßen.“

Der Fragesteller monierte gegenüber dem später abgemahnten Arbeitnehmer dessen unfreundliche Reaktion und forderte etwas mehr Kundenfreundlichkeit ein. Darauf entgegnete der abgemahnte Arbeitnehmer: „Hallo Herr …, vielleicht sollten Sie sich einmal hier an meinen Platz setzen und die nervigen Anrufe der angehenden Meister beantworten. Selbst wenn die … den Hinweis auf den Formularen verwenden würde, die meisten von ihnen lesen es ja leider nicht einmal. Das trifft auch immer auf die Anmeldeformulare zu. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele falsch ausgefüllte Formulare hier ankommen, weil sie niemand gelesen hat. Nach heute mittlerweile ca. 20 Anrufen von angehenden Meistern bleibt die Freundlichkeit einfach aus. Mit freundlichen Grüßen.“

Die Korrespondenz setzte sich dann in dieser Weise fort.

Nachdem die Arbeitgeberin davon Kenntnis erlangt hatte, mahnte sie den Mitarbeiter wegen unfreundlichen Verhaltens ab. Dieser erhob Klage beim Arbeitsgericht und begehrte die Verurteilung der Arbeitgeberin, die aus seiner Sicht rechtswidrige Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch in der Berufungsinstanz das Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein wiesen die Klage des Arbeitnehmers ab und bestätigten die arbeitgeberseitige Abmahnung.

Das Landesarbeitsgericht führte aus, der abgemahnte Arbeitnehmer habe, um seine Aufgaben ordnungsgemäß erledigen zu können, zwingend mit Dritten kommunizieren müssen. Seine Pflichten bezögen sich dabei auch auf die Wahrung eines gewissen Maßes an Freundlichkeit. Führe unfreundliches Verhalten zu einer Störung der Kommunikation, sei dies arbeitgeberseitig nicht hinzunehmen. Nach Auffassung des Gerichts habe der abgemahnte Arbeitnehmer in der Kommunikation deutlich gemacht, dass er die Kunden (Meister) als Gruppe gering schätzt. Er habe ferner darauf hingedeutet, dass er den von ihm in den Nachrichten angesprochenen Kunden ebenfalls zu der von ihm nicht geschätzten Gruppe zählt. Eine Abmahnung sei in einem solchen Fall auch nicht unverhältnismäßig. Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine Nichtigkeit in Rede stünde. Dies wäre möglicherweise bei Spontanäußerung der Fall, kann aber nicht bei einer E-Mail-Korrespondenz angenommen werden. Der Arbeitnehmer habe genug Zeit gehabt, sich eine Antwort zu überlegen, die gewählten Formulierungen zu überprüfen und zu berichtigen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.05.2014, Az. 2 Sa 17/14).

3. Fazit:

Kein Arbeitnehmer schuldet am Arbeitsplatz gleichbleibende Freundlichkeit. Wer sich aber nachhaltig gegenüber Mitarbeitern oder Kunden unfreundlich verhält, insbesondere in schriftlicher Korrespondenz, begeht regelmäßig eine Pflichtverletzung. In Abhängigkeit vom jeweiligen Schweregrad kann diese Grundlage für eine Abmahnung, gegebenenfalls sogar für eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein.

Hierauf sollte arbeitgeberseitig geachtet werden, wenn die eigene Befindlichkeit gerade wenig darauf angelegt ist, sich freundlich zu artikulieren.

Auch Arbeitgebern ist deutlich zu machen, dass sie nicht jegliche Stimmungsschwankungen von Arbeitnehmern akzeptieren müssen. Ohne vorherige Abmahnung würde in Fällen unfreundlichen Verhaltens eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses aber kaum in Betracht kommen.

 Im Einzelfall wäre zu entscheiden, wie arbeitgeberseitig auf insbesondere notorisch unfreundliches Verhalten von Mitarbeitern zu reagieren ist. Wir unterstützen Sie hier gerne.