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Schriftform oder Textform – wichtige Änderung bei arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen

 

1. Ausschlussfristen in Standardverträgen und Ausschlussklauseln

Viele Arbeitsverträge enthalten eine Vereinbarung über sogenannte Ausschlussfristen. Danach müssen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden, damit sie nicht verfallen. Dies gilt zumindest für solche Ansprüche, die nicht gesetzlich unverzichtbar sind (wie beispielsweise der gesetzliche Mindestlohn).

Eine solche Ausschlussfrist ist grundsätzlich sinnvoll und wichtig, damit Rechtstreitigkeiten aus dem oder nach dem Arbeitsverhältnis prognostizierbar bleiben. Sie sind grundsätzlich wirksam, wenn die Verfallfrist mindestens 3 Monate beträgt. Standardarbeitsverträge unterliegen nämlich als AGB der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages handelt der Arbeitnehmer als Verbraucher. Damit gelten auch die Klauselverbote des § 309 BGB, solange sich nicht aus den Besonderheiten des Arbeitsrechts etwas anderes ergibt (§ 310 Abs. 4 S. 2 BGB).

Nach bisherigem Recht war die Regelung, dass ein Anspruch „schriftlich“ geltend gemacht werden muss, üblich und zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes konnte der Anspruch damit auch durch Telefax (BAG, Urteil vom 11.10.2000, Az. 5 AZR 313/99) oder per E-Mail (BAG, Urteil vom 06.12.2009, Az. 5 AZR 888/08) geltend gemacht werden. Aufgrund der in § 127 Abs. 2 und 3 BGB enthaltenen Auslegungsregeln wurde damit der vereinbarten Schriftform im Zweifel Genüge getan.

 

2. Gesetzliche Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB

Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzes“ trat zum 01.10.2016 eine Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB in Kraft. Vor dem Hintergrund des Unterlassungsklagengesetzes und des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb erkannte die Bundesregierung auch Regelungsbedarf im Hinblick auf Erklärungen von Verbrauchern, für die Schriftform vorgesehen war. Diese wird durch die verbreitete Unkenntnis der Verbraucher über eine nicht abschließend geklärte Rechtslage hervorgerufen. Verbraucher wissen zumeist nicht, dass derartige Erklärungen nicht nur auf Papier mit eigenhändiger Unterschrift abgegeben werden können, sondern dass nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 regelmäßig eine E-Mail oder ein Telefax ausreicht, um die vereinbarte Schriftform einzuhalten. Darüber hinaus gab es unterschiedliche Auffassungen über die Auslegung der Textform. Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sollte neben dem Telefax auch eine E-Mail erfasst werden. Das bedeutet: Der Text muss so zugehen, dass er dauerhaft aufbewahrt werden oder der Empfänger einen Ausdruck anfertigen kann. Es wurde danach auf die Unterschrift, nicht aber auf eine textlich verkörperte Erklärung verzichtet. Somit war auch eine E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur ausreichend. Dem widersprach jedoch die Auffassung anderer Gerichte, nach der nur der Zugang der ansonsten formgültig zu erstellenden Urkunde entbehrlich sei (vergleiche OLG München, Urteil vom 23.10.2013, Az. 7 O 321/13.

Nach der ab dem 01.10.2016 geltenden Neuregelung des § 309 Nr. 13 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, durch die eine strengere Form als Textform (bislang: Schriftform) für Erklärungen verlangt wird. Nach den Intentionen des Gesetzgebers sollen damit Unklarheiten von Verbrauchern in Bezug auf die einzuhaltende Form vermieden werden.

 

3. Nachteile bei fehlender Anpassung

Dies wirkt sich auf die Gestaltung von Arbeitsverträgen aus. Ab dem 01.10.2016 darf der Arbeitgeber in einem für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Arbeitsvertrag für die Einhaltung einer Ausschlussfrist keine schriftliche Geltendmachung (im Sinne der gesetzlichen Schriftform des § 126 BGB) verlangen. Gleiches gilt nach Maßgabe des § 310 Abs. 3 BGB für die Verwendung der Klausel im Einzelfall. Die Möglichkeit einer wohlwollenden Auslegung durch die Gerichte mit dem Argument, dass Schriftform und Textform im Grunde das Gleiche bezeichnet, wird in Zukunft nicht mehr möglich sein. Dies wäre eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion der zu strengen Schriftform. Das zu weitgehende Schriftformerfordernis ist dann nach § 309 Nr. 13 BGB insgesamt unwirksam.

Es ist folglich unabdingbar, im Rahmen einer Vertragsklausel zu arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen zu vereinbaren, dass die Geltendmachung des Anspruchs in „Textform“ erfolgen muss. Sollte dies nicht erfolgen, drohen Arbeitgeber erhebliche Nachteile. Aufgrund der Unwirksamkeit des Schriftformerfordernisses gemäß § 309 Nr. 13 BGB kann sich die Ausschlussfrist als unwirksam erweisen. Arbeitnehmer können ihre Ansprüche nachträglich bis zur 3-jährigen Grenze der Verjährung geltend machen. Eigene Ansprüche des Arbeitgebers hingegen erlöschen weiterhin nach 3 Monaten, wenn der Arbeitgeber sie nicht binnen dieser Frist schriftlich beim Arbeitnehmer geltend macht. Auf die Unwirksamkeit eigener Klauseln darf der Arbeitgeber sich nicht berufen. Er ist an das gebunden, was er in seinen vorformulierten Arbeitsvertrag aufgenommen hat.

Diese Konsequenzen drohen für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 01.10.2016 entstehen. Auf Altverträge soll die Neuregelung keine Auswirkungen haben. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn dieser Altvertrag später abgeändert wird. Eine vergleichbare Problematik stellte sich 2002 mit Inkrafttreten des neuen AGB-Rechts. Damals vertrat das Bundesarbeitsgericht die Auffassung, dass eine – auch geringfügige – Änderung einen „Altvertrag“ in der Regel zu einem „Neuvertrag“ macht. Solange sich hierzu keine gefestigte Rechtsprechung gebildet hat, sollte im Falle der Änderung eines Altvertrages gleichzeitig die Ausschlussklausel den aktuellen gesetzlichen Bestimmungen angepasst werden.

Wir stehen Ihnen hierzu und in Frage der rechtssicheren Vertragsgestaltung jederzeit beratend und unterstützend zur Verfügung.