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Pflichtverletzungen von Arbeitnehmern im sozialen Netzwerk – Welche Spielregeln sind von Arbeitnehmern zu beachten?

Soziale Netzwerke wie zum Beispiel Facebook, Xing, LinkedIn etc. erfreuen sich außerordentlich großer Beliebtheit. Die Möglichkeiten dieser Netzwerke werden von Millionen Menschen genutzt.

Dabei dienen die Plattformen dieser Netzwerke häufig auch als Forum für Diskussionen/Auseinandersetzungen mit dem Arbeitsverhältnis und dem Arbeitgeber. Dies ist weder sozial noch rechtlich zu bemängeln.

 

Probleme treten aber auf, wenn im sozialen Netzwerk Beleidigungen oder Ehrverletzungen von Arbeitgeber, Arbeitskollegen oder sonstigen Personen erfolgen, die in Verbindung zum Betrieb/zur Dienststelle stehen. In der sozialen Wirklichkeit sind solche Sachverhalte häufig anzutreffen; da schimpft der Auszubildende in harten Worten über den aus seiner Sicht ungerechten und menschenschindenden Ausbilder. An anderer Stelle werden Mitglieder des Vorstands des Arbeitgebers mit Tiernamen und entsprechenden Zeichnungen versehen etc.. Schließlich sind Fälle bekannt geworden, in denen Arbeitnehmer im sozialen Netzwerk Verwünschungen und Drohungen gegenüber ihrem Arbeitgeber oder vorgesetzten Mitarbeitern aussprechen.

Hier gilt auf der einen Seite, dass die jeweiligen Beiträge regelmäßig in der „persönlichen Sphäre“ des Verfassers erstellt werden. Andererseits führt gerade  das „Posten“ solcher Beiträge dazu, dass nicht nur ein sehr eingegrenzter Personenkreis von den Äußerungen Kenntnis nehmen kann, vielmehr stets die Gefahr besteht, dass sich Äußerungen und Stellungnahmen unkontrolliert verbreiten.

Nachstehend stellen wir dar, welche Spielregeln von Arbeitnehmern zu beachten sind:

 

1. Betätigung im sozialen Netzwerk als Pflichtverletzung

Das „Posten“ von Beiträgen in sozialen Netzwerken kann Anknüpfungspunkt für Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sein. Dabei ist bei der Bewertung von Verhaltensweisen eines Arbeitnehmers zwischen der Erstellung von Beiträgen einerseits und der Kommentierung fremder Beiträge andererseits zu unterscheiden, wie sie zum Beispiel im Netzwerk „Facebook“ möglich und üblich ist („gefällt mir“).

 

a)

Das Einstellen eigener Beiträge mit beleidigendem/ehrverletzendem Inhalt durch Arbeitnehmer kann die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis tangieren. Im Regelfall wird sich ein Arbeitnehmer nicht auf den Standpunkt stellen können, sich nicht während des Arbeitsverhältnisses mit der Erstellung eines Beitrags befasst bzw. einen solchen Beitrag nur „privat“ und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt eingestellt zu haben. Jedenfalls dann, wenn ein Beitrag veröffentlicht wird, der von anderen Personen eingesehen werden kann, die ihrerseits in Beziehung zum Arbeitgeber stehen, ist der nicht öffentliche Bereich verlassen. So hat das Arbeitsgericht Duisburg in einer jüngeren Entscheidung geurteilt, schwerwiegende Pflichtverletzungen könnten auch dann vorliegen, wenn diesbezügliche Einträge in sozialen Netzwerken wie Facebook nur für sogenannte Facebook-Freunde und Freundes-Freunde sichtbar sind (Arbeitsgericht Duisburg, Urteil vom 26.09.2012, Az. 5 Ca 949/12).

Auch der Hinweis auf den Schutz der Privatsphäre des sich im sozialen Netzwerk betätigenden Arbeitnehmers verfängt nach aktueller Rechtsprechung nicht. So hat das Arbeitsgericht Hagen judiziert, den Schutz der Privatsphäre und auch der Meinungsfreiheit könne der Arbeitnehmer nicht für sich in Anspruch nehmen, der selbst die Vertraulichkeit durch das Posten ehrverletzender Äußerungen auf der Pinnwand bei Facebook, auf die auch betriebsangehörige „Freunde“ Zugriff haben, aufhebt, sodass die Gelegenheit für Dritte, seine Äußerungen wahrzunehmen, ihm zurechenbar wird (Arbeitsgericht Hagen, Urteil vom 16.05.2012, Az. 3 Ca 2597/11).

Unerheblich ist ferner, dass eine etwaige Betätigung im sozialen Netzwerk außerdienstlich erfolgte. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auch außerhalb der Arbeitszeit bestehen. So nimmt auch das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung an, dass kündigungsrelevante Pflichtverletzungen auch in Verhaltensweisen von Arbeitnehmern außerhalb der Arbeitszeit liegen können, soweit diese das Arbeitsverhältnis konkret berühren (BAG, Urteil vom 21.06.2001, Az. 2 AZR 325/00).

 

b)

Eine Pflichtverletzung im Rahmen von Facebook-Beiträgen oder in sonstigen Netzwerken liegt jedenfalls bei groben Beleidigungen des Arbeitgebers oder von Kollegen vor, die nach Inhalt und Form zu einer erheblichen Ehrverletzung des Betroffenen führen. Auch Bedrohungen von Arbeitgeber, Mitarbeitern oder sonstigen Personen mit Bezug zum Betrieb/Unternehmen sind grundsätzlich pflichtwidrig (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 10.10.2012, Az. 3 Sa 644/12).

In derartigen Fällen tritt nach allgemeiner Auffassung der Rechtsprechung das Recht des Arbeitsnehmers auf freie Meinungsäußerung hinter geschützte Rechtspositionen anderer Personen zurück. Das in Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung umfasst jedenfalls nicht den Ausspruch schwerwiegender Drohungen sowie gravierende Beleidigungen und Ehrverletzungen. Darüber hinaus gilt, dass auch das Recht auf freie Meinungsäußerung seine Begrenzung durch entgegenstehende Rechte anderer erfährt. Von Bedeutung ist insoweit auch das Grundrecht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG (BAG, Urteil vom 10.12.2009, Az. 2 AZR 534/08).

 

c) Kommentierung von Beiträgen

Die Rechtsprechung erkennt an, dass Pflichtverletzungen auch in der Kommentierung von anderweitig verfassten Beiträgen auf sozialen Netzwerken liegen können. Auch in der Betätigung des „Gefällt mir“-Buttons auf der Internetseite „Facebook“ zur Bestätigung einer den Arbeitgeber beleidigenden Äußerung soll nach Auffassung der Rechtsprechung eine, gegebenenfalls auch kündigungsrelevante, Pflichtverletzung liegen können (Arbeitsgericht Dessau, Urteil vom 21.03.2012, Az. 1 Ca 148/11).

Allerdings sind hier etwaige Bewertungen differenziert vorzunehmen:

Da der Leser zum Beispiel eines Facebook-Beitrags grundsätzlich nur die Möglichkeit hat, entweder den Beitrag kommentarlos zur Kenntnis zu nehmen oder aber eine etwaige Gefühlsregung in Form einer Bestätigung „Gefällt mir“ zum Ausdruck zu bringen, besteht Veranlassung, der bloßen Betätigung des Buttons „Gefällt mir“ keine zu weit gehende Bedeutung beizumessen. Vielmehr ist auf die Beziehung des Kommentierenden und des Beitragschreibenden ebenso abzustellen wie auf den Inhalt eines etwaig gefassten Kommentars. In einer Gesamtschau muss geprüft werden, ob sich in der bloßen Kommentierung ein eigenständiger Pflichtenverstoß findet.

 

2. Reaktionen auf Pflichtverletzungen

Liegen schwerwiegende Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers im Rahmen der Nutzung sozialer Netzwerke vor, bleibt es dem Arbeitgeber zunächst unbenommen, den Arbeitnehmer entsprechend abzumahnen. Dem Arbeitnehmer kann vor Augen geführt werden, dass das festgestellte Verhalten nicht akzeptiert wird und für den Wiederholungsfall der Ausspruch einer Kündigung droht.

Insbesondere bei jungen Arbeitnehmern und Auszubildenden, bei denen noch nicht von einer vollständigen Ausreifung der Persönlichkeit ausgegangen werden kann, wird eine Abmahnung in erster Linie in Betracht kommen. Vielfach dürfte nämlich auch anzunehmen sein, dass Arbeitnehmer/Auszubildende die Tragweite von leichtfertig getätigten Aussagen in sozialen Netzwerken völlig verkennen.

Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen bzw. im Wiederholungsfall kommt der Ausspruch einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung oder gar einer außerordentlichen/fristlosen Kündigung in Betracht. Allerdings liegen in solchen Fällen häufig Schwierigkeiten in der Nachweisführung. Vielfach bestreiten Arbeitnehmer, die in Rede stehenden Beiträge tatsächlich selbst verfasst zu haben. Insoweit wird dann häufig darauf verwiesen, dass andere Personen Zugriff auf den jeweiligen Account hatten. Hier gilt daher, dass große Sorgfalt bei der Ermittlung des Sachverhalts an den Tag zu legen ist.

Durch Beiträge in sozialen Netzwerken beleidigte oder bedrohte Personen können ihrerseits verlangen, dass die entsprechenden Beiträge vom Verfasser gelöscht werden.

In diesem Problemkreis können sich in Abhängigkeit vom Einzelfall zahlreiche Folgefragen ergeben. Diese beantworten wir gerne.