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Hinzuziehung des Betriebsrats zum Personalgespräch – was ist von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsrat zu beachten:

Der Inhalt des Begriffs „Personalgespräch“ ist breit gefasst. Wesen des „Personalgesprächs“ ist es, dass dieses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geführt wird. Gegenstand eines solchen Gesprächs können unterschiedlichste Fragen sein. So können derlei Gespräche rein informativen Charakter für die jeweils initiierende Partei (Arbeitgeber/Arbeitnehmer) haben, in dem z. B. der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zu irgendwelchen arbeitsorganisatorischen Sachverhalten befragt wird. Häufig sind Fragen der beruflichen Entwicklung von Arbeitnehmern Gegenstand eines Personalgesprächs. Aber auch Mitteilungen zu etwaigen Schlechtleistungen/Pflichtverletzungen, Beschwerden etc. werden regelmäßig in dem Rahmen eines Personalgesprächs erörtert.

In der überwiegenden Anzahl der Fälle werden Personalgespräche arbeitgeberseitig initiiert bzw. angeordnet. Arbeitnehmer haben zum Teil keine Kenntnis von dem Inhalt, welchen der Arbeitgeber in einem solchen Gespräch zum Gegenstand desselben machen möchte. Die Praxis zeigt, dass viele Arbeitnehmer mit einem gewissen Gefühl der Beklommenheit in Personalgespräche gehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn irgendwelche Unzulänglichkeiten im Arbeitsverhältnis im Raume stehe.

Dieses Gefühl wird vielfach von der Erwägung getragen, dem Arbeitgebervertreter in dem Gespräch unterlegen zu sein, insbesondere auch im Hinblick auf eine etwaige Anwesenheit mehrerer Personen auf der Arbeitgeberseite. Hier liegt die Erwägung nahe, Unterstützung für ein solches Gespräch heranzuziehen, z. B. in der Person eines begleitenden Betriebsratsmitglieds.

 

1. Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zum Personalgespräch

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitnehmer keinen allgemeinen Anspruch darauf hat, dass ihn ein Betriebsratsmitglied in einem Personalgespräch unterstützt bzw. den Arbeitnehmer auch nur begleitet. Die Rechte und Pflichten des Betriebsratsmitglieds bestimmen sich nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dieses sieht nur für bestimmte Bereiche betrieblicher Abläufe Beteiligungsrechte des Betriebsrats und seiner Mitglieder vor. Im Zusammenhang mit etwaigen Personalgesprächen sind folgende Rechte auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds anerkannt:

 

a) Qualifikationsgespräche:

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem Arbeitnehmer ein Gespräch über dessen Qualifikation bzw. zukünftige Qualifikationsanforderungen des Arbeitsplatzes zu führen, wenn zu erkennen ist, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers zukünftig ändert. Sobald feststeht, dass sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers ändern wird und seine beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer zu erörtern, wie dessen berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten im Rahmen der betriebliche Möglichkeiten den künftigen Anforderungen angepasst werden können (§ 81 Abs. 4 Satz 2 BetrVG). Der Gesetzgeber sieht ausdrücklich vor, dass der Arbeitnehmer zu derartigen Erörterungen über Qualifikationsanpassungen ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen kann!

 

b) Entgeltfragen, Leistungsbeurteilung, berufliche Entwicklung

Gem. § 82 Abs. 2 BetrVG kann der Arbeitnehmer verlangen, dass ihm die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und das mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeit seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Auch hier gilt, dass der Arbeitnehmer bei derlei Gesprächen ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen kann (§ 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG).

 

c) Einsicht in die Personalakte

Der Arbeitnehmer hat nach § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG das Recht, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen. Am Rande sei darauf hingewiesen, dass dieses Recht nicht auf Betriebe beschränkt ist, in denen ein Betriebsrat etabliert ist!

Gem. § 83 Abs. 1 Satz 2 BetrVG kann der Arbeitnehmer auch hierzu ein Mitglied des Betriebsrats involvieren.

 

d) Beschwerderecht

Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei der zuständigen Stelle des Betriebes zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt (§ 84 Abs.1 Satz 1 BetrVG). Er kann nach § 84 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ein Mitglied des Betriebsrats zur Unterstützung oder Vermittlung hinzuziehen.

 

2. Auswahl des Betriebsratsmitglieds

Soweit der Arbeitnehmer ein Recht geltend machen kann, ein Betriebsratsmitglied zu einem Personalgespräch hinzuzuziehen hat er nach allgemeiner Auffassung das entsprechende Wahlrecht.

Verlangt der Arbeitnehmer die Hinzuziehung eines von ihm ausgewählten Betriebsratsmitglieds, ist das jeweilige Betriebsratsmitglied auch verpflichtet, den Arbeitnehmer zu begleiten und gegebenenfalls zu beraten (BAG, Beschluss vom 27.11.2002, Az: 7 ABR 33/01).

 

3. Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu Personalgespräch über Aufhebungsvertrag

Von besonderer Relevanz ist die Frage, ob ein Betriebsratsmitglied zu einem Personalgespräch nur dann hinzugezogen werden darf,  wenn sich das gesamte Personalgespräch mit Themen befasst, die oben unter Ziff. 2 a) bis d) aufgelistet worden sind oder ob auch darüber hinaus gehend eine Hinzuziehung von Betriebsratsmitgliedern zum Personalgespräch erfolgen kann.

Am Beispiel eines arbeitgeberseitig initiierten Gesprächs über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags hatte sich das Bundesarbeitsgericht hier in einer arbeitnehmerfreundlichen Weise positioniert. Das BAG judizierte, aus § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG könne sich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds zu einem Personalgespräch über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags ergeben. Für einen Anspruch auf Hinzuziehung des Betriebsrats nach § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG genüge es, wenn die Gesprächsgegenstände zumindest teilweise mit denjenigen Themen übereinstimmen, die den Arbeitnehmer zur Hinzuziehung eines Betriebsrats berechtigen. Es komme auch nicht darauf an, wer den Anlass für das Gespräch gegeben oder dieses verlangt habe (BAG, Beschluss vom 16.11.2004, ABR 53/03).

 

Stets ist im Einzelfall zu prüfen, welche Rechte bzw. Pflichten Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Betriebsräte im Zusammenhang mit Personalgesprächen haben. Einzelfragen erörtern wir gern mit Ihnen.