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Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot des GmbH-Geschäftsführers und Karenzentschädigung – worauf ist bei der Vertragsgestaltung zu achten?

Der Anstellungsvertrag eines Geschäftsführers ist ein Dienstvertrag im Sinne der §§ 611 ff. BGB, regelmäßig aber kein Arbeitsvertrag. Daraus ergibt sich, dass in Arbeitsverhältnis zur Geltung kommende Schutzgesetze im Geschäftsführeranstellungsverhältnis nicht oder nur einschränkend zur Anwendung gelangen. Die Rechtsposition eines Geschäftsführers einer GmbH ist damit erheblich schwächer als diejenige eines Arbeitnehmers (vgl. unsere Rechtsinformation „GmbH-Geschäftsführer als Verbraucher? – Bundesarbeitsgericht stärkt die Rechtsposition des GmbH-Geschäftsführers aus dem Anstellungsvertrag“).

 

In Fragen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots können sich aber für den GmbH-Geschäftsführer gegenüber einem Arbeitnehmer Vorteile bei der Bestimmung des Umfangs einer Karenzentschädigung ergeben:

 

1. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ebenso wie für Arbeitnehmer gilt auch für GmbH-Geschäftsführer, dass das vertragliche absolute Wettbewerbsverbot mit Beendigung des Anstellungsverhältnisses grundsätzlich automatisch endet. Es entspricht gerade den Grundlagen unserer Wirtschaftsordnung, dass aus dem Anstellungsverhältnis ausgeschiedene Geschäftsführer fortan in Wettbewerb zur vorherigen Anstellungsgesellschaft treten dürfen, nicht zuletzt um so den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Für die Anstellungsgesellschaft ergeben sich daraus große wirtschaftliche Gefahren: Der Geschäftsführer nimmt naturgemäß eine Schlüsselposition in der Gesellschaft ein, in seiner Funktion als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft (§ 35 GmbHG) führt der Geschäftsführer typischerweise die Geschicke der Gesellschaft. Er erwirbt so Kenntnisse über betriebliche Abläufe und Geschäftsprinzipien, damit einhergehend sind regelmäßig Branchenkenntnisse und Kontakte zu Lieferanten und Vertragspartner. Derlei Kenntnisse können für den Geschäftsführer außerordentlich wertvoll für den Aufbau einer späteren Wettbewerbstätigkeit sein, die Anstellungsgesellschaft aber erheblich beeinträchtigen.

Die sich aus der Geschäftsführertätigkeit ergebenden Loyalitätspflichten gegenüber der Gesellschaft wirken nach Auffassung des Bundesgerichtshofs nur insoweit noch nach, als es dem Geschäftsführer auch nach Beendigung des Anstellungsvertrages untersagt ist, Geschäftschancen, die er pflichtwidrig für die Gesellschaft im laufenden Anstellungsverhältnis nicht genutzt hat, im eigenen Interesse nunmehr wahrzunehmen (BGH, Urteil vom 23.09.1985, Az: II ZR 246/84). Erachtet die Anstellungsgesellschaft das Wettbewerbspotential des Geschäftsführers als hoch, wird sie regelmäßig ein starkes Interesse daran haben, dem Geschäftsführer nachvertraglichen Wettbewerb zu untersagen. Insoweit bedarf es einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Geschäftsführer.

 

2. Rechtliche Grenzen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots

Das Recht nachvertraglicher Wettbewerbsverbote für sog. „Handlungsgehilfen“ ist den §§ 74 ff. HGB geregelt. Gem. § 59 Satz 1 HGB gilt derjenige als Handlungsgehilfe, der in einem Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer Dienst gegen Entgelt angestellt ist.

Der GmbH-Geschäftsführer erfüllt diese gesetzliche Definition selbstverständlich nicht, da seine gesetzlichen Aufgaben als Organ und Vertreter der GmbH weit über die Leistung „kaufmännischer Dienste“ im Sinne des HGB hinausgehen. So entspricht es auch der Auffassung der BGH, dass die Vorschriften der §§ 74 ff. HGB nicht auf GmbH-Geschäftsführer angewendet werden können (BGH, Urteil vom 26.03.1984, Az: II ZR 229/83).

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote müssen aber verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Maßstäben, insbesondere denjenigen aus Art. 12 GG und § 138 BGB, standhalten. Danach ergibt sich, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur dann zulässig ist, wenn es dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dient und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschwert.

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot tatsächlich bestand hat oder ob dem Geschäftsführer nach Ausscheiden aus dem Anstellungsverhältnis nahezu schrankenloser Wettbewerb möglich ist.

 

3. Karenzentschädigung

Nach § 74 HGB gilt der Grundsatz der „bezahlten Karenz“. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gegenüber Handlungsgehilfen/Angestellten ist grundsätzlich nur dann wirksam, wenn sich der „Prinzipal“ (Arbeitgeber) verpflichtet für die Dauer des Verbots nachvertraglichen Wettbewerbs eine Entschädigung zu zahlen.

Dieser Grundsatz gilt für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot eines GmbH-Geschäftsführers nicht! Diese Ansicht entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 07.07.2008, Az: II ZR 81/07). Karenzentschädigungsansprüche des ausgeschiedenen GmbH-Geschäftsführers setzen damit zwingend voraus, dass auch hierüber eine vertragliche Vereinbarung getroffen worden ist.

Auch wenn nachvertragliche Wettbewerbsverbote ohne Karenzentschädigung vereinbart werden können, bleibt die Frage einer Entschädigung für die Unterlassung von Wettbewerb für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Wettbewerbsklausel von Bedeutung: Wird keine Entschädigung vereinbart, kann dies ein Umstand sein, der die konkrete Wettbewerbsklausel als „unbillig“ und damit unwirksam erscheinen lassen kann.

 

4. Anrechnung anderweitigen Erwerbs

Ob sich ein ausgeschiedener GmbH-Geschäftsführer auf eine vereinbarte Karenzentschädigung anderweitigen Verdienst/anderweitigen Erwerb anrechnen lassen muss, wird bis heute kontrovers diskutiert.

Für „Handlungsgehilfen“/Arbeitnehmer hat der Gesetzgeber eine entsprechende Anrechnungsregelung geschaffen. Diese findet sich in § 74 c HGB. Danach muss sich der Arbeitnehmer auf die fällige Entschädigung anrechnen lassen, was er während Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinzuziehung dieses Betrags den Betrag der zuletzt von ihm bezogenen vertragsmäßigen Leistungen um mehr als 1/10 übersteigen würde. Soweit der Gehilfe/Arbeitnehmer durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gezwungen worden ist, seinen Wohnsitz zu verlegen, soll an die Stelle des Betrags von 1/10 der Betrag von ¼ treten. Der Angestellte ist nach § 74 c Abs. 2 HGB verpflichtet, dem Arbeitgeber auf dessen Anfordern übe die Höhe seines sonstigen Erwerbs Auskunft zu erteilen!

Der BGH verneint eine Übertragbarkeit dieser Regelung auf die Karenzentschädigungsansprüche eines ausgeschiedenen GmbH-Geschäftsführers (BGH, Urteil vom 28.04.2008, Az: II ZR 11/07).

Ungeachtet der Höhe eines anderweitigen Verdienstes kann der ausgeschiedene Geschäftsführer eine vereinbarte Karrenzentschädigung nach Auffassung der Rechtsprechung kürzungsfrei in Anspruch nehmen!

 

5. Praktische Hinweise für die Vertragsgestaltung

Da die gesetzlichen Regelungen des HGB für nachvertragliche Wettbewerbsverbote grundsätzlich nicht auf das Geschäftsführeranstellungsverhältnis anzuwenden sind, liegt es in besonderer Verantwortung von Gesellschaft und Geschäftsführer, den beiderseitigen Interessen bestmöglich rechnungtragende vertragliche Vereinbarungen zu finden. Die Gestaltungsräume sind sehr weit gesteckt, allerdings droht stets die Gefahr, dass unklare bzw. zu weit gefasste Regelungen die Unwirksamkeit derselben zur Folge haben. Die Auswirkungen sind gerade bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten für beide Vertragsparteien regelmäßig äußerst weitreichend.

Wir verfügen über die Expertise, Sie in diesen Fragen zu beraten und in der Vertragsgestaltung zu unterstützen.