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Betriebsratstätigkeit bei Schwangerschaft, Mutterschutz, Elternzeit und Beschäftigungsverbot – Welche Rahmenbedingungen müssen Arbeitgeber und Betriebsrat beachten?

Betriebsratstätigkeit ist keine geschlechtsspezifische Angelegenheit. Gemäß § 15 Abs. 2 BetrVG muss das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens 3 Mitgliedern besteht. Nach aktuellen Erhebungen sind etwas weniger als 1/3 der Betriebsratsmitglieder Frauen.

Wiederkehrend stellen sich Fragen zur Amtsausübung bei Schwangerschaft, Mutterschutz, Beschäftigungsverbot und Elternzeit.


1.

Das Betriebsratsamt als solches wird durch Umstände, die zu einer zeitweiligen Verhinderung des Mitarbeiters führen, nicht tangiert. Ein Erlöschen der Mitgliedschaft im Betriebsrat erfolgt nach § 24 BetrVG nur durch Ablauf der Amtszeit, Niederlegung des Betriebsratsamtes, Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Verlust der Wählbarkeit, Ausschluss aus dem Betriebsrat sowie gerichtliche Entscheidung über die Feststellung der Nichtwählbarkeit.
Der bloße Umstand einer Schwangerschaft hat keinen Einfluss auf die Mitgliedschaft im Betriebsrat. Dasselbe gilt für Mutterschutz, Beschäftigungsverbot und Elternzeit. In diesen Fällen wird das Arbeitsverhältnis als Grundlage der Betriebsratstätigkeit nicht beendet. Das BetrVG sieht ein Ruhen des Betriebsratsamtes in solchen Fällen nicht vor.

Während Mutterschutz, Elternzeit etc. tritt auch kein Verlust der Wählbarkeit des Arbeitnehmers mit der Folge des Ausscheidens aus dem Betriebsrat nach § 24 Nr. 4 BetrVG ein. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mehrfach ausgesprochen (vgl. BAG, Beschluss vom 25.05.2005, Az.: 7 ABR 45/04).

2.

Fraglich ist aber, in wie weit bei Beschäftigungsverboten nach dem Mutterschutzgesetz, Mutterschutzfristen sowie Elternzeit ein Nachrücken eines Ersatzmitgliedes erfolgen muss.

a) Elternzeit:

Zunächst ist davon auszugehen, dass ein Betriebsratsmitglied während der Elternzeit nicht an der Ausübung des Betriebsratsamtes im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG zeitweilig verhindert ist. Es kann vielmehr an den Sitzungen des Betriebsrats teilnehmen. Eine Verhinderung tritt nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts nicht allein deshalb ein, weil das Betriebsratsmitglied seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann oder hierzu nicht verpflichtet ist. Es stellt darauf ab, dass während der Elternzeit sogar eine Teilzeittätigkeit nach § 15 Abs. 4 BEEG möglich sei. Daher sei ein Hinderungsgrund während der Elternzeit nicht ohne besondere Anhaltspunkte anzunehmen (BAG, Beschluss vom 25.05.2005, Az.: 7 ABR 45/04). Das bedeutet, dass ein Betriebsratsmitglied auch während seiner Elternzeit an Sitzungen des Betriebsrats teilnehmen kann. Irgendwelche Einschränkungen bestehen nicht.
In dem angeführten Beschluss vom 25.05.2005 hatte das Bundesarbeitsgericht einer in Elternzeit befindlichen Arbeitnehmerin sogar die Fahrtkosten zugesprochen, die sich aufgrund eines in der Elternzeit stattgefundenen Wohnortwechsels ergaben. Das Betriebsratsmitglied hatte vom nunmehr entfernter liegenden Wohnort aus den Betrieb zu verschiedenen Sitzungen aufgesucht!

b) Mutterschutz/Beschäftigungsverbote nach dem MuSchG:

Befindet sich das Betriebsratsmitglied in der geburtsnahen Zeit in Mutterschutz oder wird in der Schwangerschaft ärztlicherseits ein Beschäftigungsverbot verhängt, stellt sich ebenfalls die Frage nach der Möglichkeit einer Ausübung des Betriebsratsamtes. Hier ist nach den Grundsätzen zu verfahren, die für Arbeitsunfähigkeit/Krankheit entwickelt wurden. Dies folgt aus der Vergleichbarkeit der Situation von Arbeitsunfähigkeit und Mutterschutz/Beschäftigungsverbot. Nach § 3 Abs. 1 MuSchG dürfen Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sind. Absolute Beschäftigungsverbote bestehen nach § 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 MuSchG in den letzten 6 Wochen vor und in den ersten 8 Wochen nach der Entbindung. Während der letztgenannten Mutterschutzzeit kommt eine Beschäftigung auch nicht mit Einwilligung der Arbeitnehmerin in Betracht (BAG, Urteil vom 14.10.1954, AP Nr. 1 zu § 13 MuSchG):

Bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit gilt, dass diese nicht per se zur Amtsunfähigkeit führt. Allerdings stimmen Literatur und Rechtsprechung insoweit überein, dass bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit eine Vermutung für die Amtsunfähigkeit des Betriebsratsmitglieds besteht. Diese muss gegebenenfalls vom Arbeitnehmer/Betriebsratsmitglied widerlegt werden (BAG, Beschluss vom 15.11.1984, AP Nr. 2 zu § 2 BetrVG 1972).

Soweit das Betriebsratsmitglied während der Arbeitsunfähigkeit die Amtstätigkeit fortsetzen möchte, muss es dies dem Betriebsratsvorsitzenden anzeigen.

Daraus folgt, dass jedenfalls bei Beschäftigungsverboten im Zusammenhang mit Schwangerschaft/Geburt ebenfalls die tatsächliche Vermutung der Amtsverhinderung besteht. Diese dürfte die Vermutung bei Arbeitsunfähigkeit in ihrem Gewicht sogar übersteigen.

Vorstehendes hat zur Folge, dass jedenfalls der Betriebsrat bzw. der/die Vorsitzende des Betriebsrats ohne weiteres davon ausgehen muss, dass das dem Beschäftigungsverbot unterfallende Betriebsratsmitglied sein Amt vorübergehend nicht ausfüllen kann.
Sollte sich das Betriebsratsmitglied auf den Standpunkt stellen, hier weiter agieren und Betriebsratstätigkeit ausüben zu können, stellt sich die Frage, in welcher Weise arbeitgeberseitig darauf reagiert werden kann. Hier dürfte es die arbeitgeberseitige Fürsorgepflicht gegenüber der Arbeitnehmerin gebieten, die Amtstauglichkeit prüfen zu lassen. Denkbar ist, die betreffende Mitarbeiterin aufzufordern, eine ärztliche Bescheinigung beizubringen, die ihr ausdrücklich die Betriebsratstätigkeit während der Schutzfristen/des Beschäftigungsverbotes gestattet.

In Fragestellungen der vorstehenden Art ist es entscheidend, frühzeitig das Gespräch mit dem jeweiligen Betriebsratsmitglied zu suchen und eine rechtliche Analyse durchzuführen.
Hierbei helfen wir Ihnen gerne!