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Nichtraucherschutz und Rauchverbot im Betrieb – Was ist von Arbeitgeber, Arbeitnehmern und Betriebsrat zu beachten:

Galt Tabakkonsum in der Vergangenheit quasi als „Kulturgut“, ist in den vergangenen Jahren ein gravierender Wandel in der Bewertung dieses Phänomens festzustellen. Fragen des Gesundheitsschutzes sind in den Vordergrund getreten, dies betreffend sowohl den Raucher selbst als auch die „Passivraucher“. Dies beflügelte auch die Diskussion über Ansprüche von nichtrauchenden Arbeitnehmern auf tabakrauchfreie Arbeitsplätze und Arbeitsbereiche sowie die entsprechenden Pflichten des Arbeitgebers.

Mit der Verordnung über Arbeitsstätten (Arbeitsstättenverordnungen – ArbStättV) hat der Gesetzgeber eine richtungsweisende Entscheidung in dieser Diskussion getroffen. Gemäß § 5 Abs. 1 ArbStättV hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nichtrauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind. Soweit erforderlich, hat der Arbeitgeber ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen.

Gewisse Erleichterungen bestehen für Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr. Hier hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen gemäß § 5 Abs. 1 ArbStättV nur insoweit zu treffen, als die Natur des Betriebes und die Art der Beschäftigung es zulassen.

Nachstehend sollen Fragen der Reichweite des Nichtraucherschutzes sowie der Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen/des Betriebsrats erörtert werden.

 

1. Reichweite des Nichtraucherschutzes

Die ArbStättV verlangt vom Arbeitgeber, dass dieser die „erforderlichen“ Maßnahmen trifft, um die nichtrauchenden Beschäftigten vor den Gesundheitsgefahren des Tabakrauchs zu schützen. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber danach tabakrauchfreie Arbeitsplätze zu schaffen und zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung geht selbstverständlich ins Leere, wenn der Arbeitgeber ausschließlich Raucher beschäftigt.

Setzt sich die Belegschaft aus Rauchern und Nichtrauchern zusammen, kommt eine Zusammenarbeit von tatsächlich rauchenden Arbeitnehmern mit Nichtrauchern nicht in Betracht. Der Arbeitgeber ist also gezwungen, bei einer solchen vorgegebenen Zusammenarbeit ein Rauchverbot gegenüber den rauchenden Arbeitnehmern auszusprechen.

Von einem tabakrauchfreien Arbeitsplatz ist nur dann zu sprechen, wenn Tabakrauch dort nicht sinnlich wahrnehmbar ist. Rauch darf dort also nicht zu sehen, nicht zu schmecken und nicht zu riechen sein (BAG, Urteil vom 17.02.1998, Az. 9 AZR 84/97).

Grundsätzlich erstreckt sich der Nichtraucherschutz nach der ArbStättV auf die gesamte Arbeitsstätte. Eine etwaige Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereich und eine damit bezweckte Schaffung tabakrauchfreier Zonen erstreckt sich damit auf sämtliche Räume, die Arbeitnehmer bei der Arbeit oder im Zusammenhang damit betreten müssen, so auch auf Pausenräume, Kantinen und Bereitschaftszimmer.

 

2. Durchsetzung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes

Arbeitgebern ist dringend zu raten, tabakrauchfreie Arbeitsplätze für nichtrauchende Arbeitnehmer zu gewährleisten. Fühlt sich ein Arbeitnehmer in seinem Arbeitsbereich bzw. in der Arbeitsstätte durch Tabakrauch belästigt, kann er den Arbeitgeber in Anspruch nehmen, diesen Missstand zu beseitigen. In Betracht kommt so auch eine Klage beim Arbeitsgericht mit dem Ziel, einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Das Bundesarbeitsgericht hat geurteilt, dass ein solcher Antrag eines Arbeitnehmers in prozessualer Hinsicht als hinreichend bestimmt gilt (BAG, Urteil vom 17.02.1998, Az. 9 AZR 84/97).

Auch ist denkbar, dass Arbeitnehmer derartige Rechte im beschleunigten gerichtlichen Verfahren des Erlasses einer einstweiligen Verfügung durchsetzen.

 

3. Andersherum: Durchsetzung von Rauchergelegenheiten

Allerdings ist ebenso denkbar, dass Raucher den Arbeitgeber in die Pflicht nehmen, ihnen insbesondere in den Pausen eine Rauchgelegenheit bzw. dafür geeignete Räumlichkeit zur Verfügung zu stellen. Begehrt der Arbeitnehmer die Verurteilung des Arbeitgebers in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren, ihm innerhalb des Betriebsgeländes einen Raum zum Rauchen zur Verfügung zu stellen, soll ein solcher Antrag nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich prozessual als zulässig zu erachten sein (BAG, Urteil vom 19.01.1999, Az. 1 AZR 499/98). Er kann begründet sein, wenn dem Arbeitnehmer in der Vergangenheit stets eine Gelegenheit zum Rauchen während der Pausenzeit zur Verfügung gestellt worden ist und diese in rechtswidriger Weise nunmehr entzogen wird. Rechtswidrigkeit des Entzugs eines „Raucherraums“ kann sich zum Beispiel daraus ergeben, dass keine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats erfolgte.

 

4. Beteiligung des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat grundsätzlich bei der Frage eines Erlasses eines Rauchverbots mitzubestimmen. Dies folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Danach bestimmt der Betriebsrat in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mit. Auch Rauchverbote zählen zu den mitbestimmungspflichtigen Verhaltensregelungen der Arbeitnehmer (BAG, Urteil vom 19.01.1999, Az. 1 AZR 499/98).

Kein Mitbestimmungsrecht besteht aber dann, wenn sich ein Rauchverbot schon aus gesetzlichen Bestimmungen, Vorschriften von Berufsgenossenschaften oder sonstigen als zwingend zu begreifenden Erfordernissen des Betriebs ergeben. Das Mitbestimmungsrecht ausschließende betriebliche Zwänge können sich so zum Beispiel aus § 5 ArbStättVO ergeben. Gute Argumente sprechen dafür, auch Festlegungen von Feuerversicherungen als das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ausschließende Vorgaben zu betrachten.

In solchen Fällen hat der Arbeitgeber schlichtweg keine Möglichkeit mehr, mit dem Betriebsrat über den Erlass eines Rauchverbots ergebnisoffen zu verhandeln. Allerdings können dann Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der Ausgestaltung und Durchführung der Maßnahme bestehen.

Häufig empfiehlt es sich, mit dem Betriebsrat Vereinbarungen über Inhalt und Ausgestaltung von Rauchverboten zu treffen. In einer Betriebsvereinbarung gemäß § 77 BetrVG können Regelungen über Raucherzonen auf dem Betriebsgelände etc. getroffen werden, die für sämtliche Arbeitnehmer bindend sind. Allerdings haben Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Ausgestaltung derlei Betriebsvereinbarungen die allgemeinen Grundsätze für die Behandlung der Betriebsangehörigen im Auge zu behalten, wie sie zum Beispiel in § 75 BetrVG geregelt sind. Nach § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebsrat die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Auch wenn sich die Bewertung des Rauchens im Verlaufe der Zeit ändert, gehört das Rauchen doch auch weiterhin zur freien Persönlichkeitsentfaltung! Betriebsvereinbarungen, die in erster Linie das Ziel verfolgen, Arbeitnehmer vom Zigarettenrauchen zu entwöhnen, dürften daher auch in Zukunft rechtswidrig sein.