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Abbildung von Mitarbeitern auf der Homepage/Internetpräsentation des Arbeitgebers – Neue Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Unterlassungs- und Entfernungsansprüchen von Arbeitnehmern

Die Firmenhomepage/Website ist zum Standard avanciert. Unternehmen, Gewerbebetreiber, Freiberufler etc. nutzen Internetpräsentationen regelmäßig als universelle Visitenkarte

Vielfach präsentiert der Arbeitgeber auf der Homepage nicht nur sich und sein Unternehmen, vielmehr auch Mitarbeiter/Arbeitnehmer, so z.B. individuell, im „Team“ oder gleichsam als „Beiwerk“ zu Betriebs- und Produktionsabbildungen. Überwiegend sind fotografische Abbildungen, in vielen Fällen finden sich Abbildungen von Mitarbeitern aber auch in Videosequenzen/Werbefilmen.

Nicht jeder Mitarbeiter ist mit einer solchen Präsentation einverstanden, z.B. weil diese faktisch immer und überall für jedermann zur Verfügung steht, Rückschlüsse auf die berufliche Tätigkeit und Position zulassen könnte etc. Besonders häufig wird die Abbildung auf Präsentationen des Arbeitgebers dann abgelehnt, wenn das Beschäftigungsverhältnis beendet wurde, z.B. nach Kündigung.

Arbeitgeber hingegen verfolgen unterschiedliche Ziele mit der Abbildung und Präsentation von Mitarbeitern auf der Internetpräsentation. Vielfach werden Arbeitnehmer persönlich als „Know-how-Träger“ dargestellt, um deren Kenntnisse und Fähigkeiten auf das Unternehmen abstrahlen zu lassen. Häufig werden im Betrieb beschäftigte Personen aber auch (nur) zu illustrativen Zwecken abgebildet, so z.B., um der Abbildung einer Maschinenanlage einen lebendigeren Charakter zu geben usw.. Gerade in letzterem Fall besteht das Interesse des Unternehmens/Arbeitgebers an der Verwendung der Abbildung des Arbeiters regelmäßig auch über den Zeitpunkt einer etwaigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit diesem Mitarbeiter fort, um die Präsentation nicht sogleich ändern zu müssen.

Was ist dem Arbeitgeber hier erlaubt? Unter welchen Voraussetzungen können Arbeitnehmer die Entfernung ihrer Abbildungen verlangen? Diesen Fragen gehen wir in diesem Beitrag nach.

1. Spannungsverhältnis zwischen Schutz des Persönlichkeitsrecht und Werbe- bzw. Präsentationsinteressen des Arbeitgebers

Die Veröffentlichung von Mitarbeiterabbildungen, sei es auf Fotografien oder in einem Video, berührt das verfassungsrechtlich in Art. 1 und 2 GG geschützte sogenannte „allgemeine Persönlichkeitsrecht“. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt unter anderem das „Recht am eigenen Bild“. Dieses ist in den §§ 22 bis 24 des Kunsturhebergesetzes (KUG) verankert. Nach diesen gesetzlichen Vorgaben bestimmt sich die Reichweite des Schutzes vor ungewollter Verbreitung oder öffentlicher Darstellung von Bildnissen.

2. Erforderlichkeit der Einwilligung des Abgebildeten zur Verbreitung des Bildes

Gemäß § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Dies gilt auch für Abbildungen, die der Arbeitgeber von Arbeitnehmern anfertigt oder anfertigen lässt, um diese dann z.B. auf der Internetpräsentation zu veröffentlichen. Auch erfasst das Einwilligungsbedürfnis gleichermaßen fotografische Abbildungen und solche in Videoaufnahmen.

Unter „Einwilligung“ begreift der Gesetzgeber die vorherige Zustimmung, § 183 S. 1 BGB. Diese muss schriftlich erteilt werden.

Zwar sieht § 22 KUG ein Schriftformerfordernis für die vorherige Zustimmung nicht vor. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in zwei jüngeren Entscheidungen herausgestellt, dass sich das Schriftformerfordernis aus der Bedeutung des Rechts der Arbeitnehmer, auch im Arbeitsverhältnis ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben zu dürfen, ableitet. Nur dadurch könne aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts verdeutlicht werden, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer zur Veröffentlichung ihrer Bildnisse unabhängig von den jeweiligen Verpflichtungen aus dem eingegangenen Arbeitsverhältnis erfolgt und dass die Erteilung oder Verweigerung der Einwilligung für das Arbeitsverhältnis keine Folgen haben dürfen (BAG, Urteil vom 11.12.2014, Az. 8 AZR 1010/13).

3. Keine Abschwächung der Rechte am eigenen Bild im Arbeitsverhältnis

Das Bundesarbeitsgericht hat auch klargestellt, dass der Arbeitsvertrag als solcher noch keine Verpflichtung des Arbeitnehmers mit sich bringt, einer Veröffentlichung und damit Verbreitung von Fotografien oder Videoaufnahmen durch den Arbeitgeber zuzustimmen bzw. diese zu dulden. Das Gericht führte vielmehr aus, auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses könnten sich Arbeitnehmer immer grundsätzlich frei entscheiden, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen. Dem stehe weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängige Beschäftigte sind, noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 der Gewerbeordnung (GWO) entgegen. Pointiert führt das BAG aus, mit der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und der Eingliederung in einen Betrieb begäben sich die Arbeitnehmer nicht ihrer Grund-und Persönlichkeitsrechte.

Folgerichtig stellte das BAG klar, dass auch keine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis besteht, der Veröffentlichung von Abbildungen zuzustimmen. Eine etwaige arbeitgeberseitige Verweigerung der schriftlichen Einwilligung darf vom Arbeitgeber auch nicht zum Anlass für eine nachteilige Behandlung im Arbeitsverhältnis genommen werden, anderenfalls setzt sich der Arbeitgeber auf § 612 Buchst. a BGB gestützten Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers aus!

4. Ausnahmsweise kein Einwilligungserfordernis bei Bildern, in denen das Abbild des Arbeitnehmers von untergeordneter Bedeutung ist

22 KUG statuiert ein Einwilligungsbedürfnis für sogenannte „Bildnisse“ des Abgebildeten. Diese „Bildnisse“ sind von „Bildern“ im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG abzugrenzen, deren Verbreitung und Veröffentlichung einwilligungsfrei gestattet ist, selbst wenn sich darauf das Abbild einer Person/des Arbeitnehmers findet.

Einwilligungsfrei verbreitbare Bilder sind nach der gesetzlichen Definitionen solche, auf denen die Personen nur als „Beiwerk“ neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeiten erscheinen. Erforderlich ist, dass die abgebildete Örtlichkeit im Vordergrund steht und die Personendarstellung von einer derart untergeordneten Bedeutung ist, dass sie auch entfallen könnte, ohne Gegenstand und Charakter des Bildes zu verändern. Hier kommt es auch nach Auffassung des BAG entscheidend darauf an, ob entsprechend dem Gesamteindruck der Veröffentlichung die Landschaft oder die sonstige Örtlichkeit Abbildungsgegenstand ist und die einzelnen abgebildeten Personen nur „bei Gelegenheit erscheinen, oder ob der einzelne aus der Anonymität herausgelöst wird“ (BAG, Urteil vom 11.12.2014, Az. 8 AZR 1010/13). Eine abgebildete Person soll den Charakter als „Beiwerk“ nicht schon dann verlieren, wenn die Fotografie oder die Videoaufnahme ohne seine Abbildung weniger lebendig wirken würde (so OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 26.01.1984, Az. 16 U 180/83).

5. Widerruf der Einwilligung

Die Einwilligung des Arbeitnehmers zur Veröffentlichung seiner Abbildung auf der Homepage des Arbeitgebers erlischt nicht automatisch im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (so schon LAG Köln, Beschluss vom 10.07.2009, Az. 7 TA 126/09).

Grundsätzlich ist die Einwilligung des Arbeitnehmers zur Veröffentlichung seiner Abbildung auf der Internetpräsentation/Homepage des Arbeitgebers nicht auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses befristet. Auch das Bundesarbeitsgericht geht von der grundsätzlich bestehenden zeitlichen Unbeschränktheit einer erteilten Einwilligung aus.

Allerdings ist anerkannt, dass die zunächst erteilte Einwilligung für den (vormaligen) Arbeitnehmer widerruflich ist.

Dabei sind an den Widerruf der Einwilligung zur Veröffentlichung eines Bildnisses dann keine besonderen Begründungserfordernisse zu stellen, wenn auf der Fotografie oder der Videoaufnahme die abgebildete Person in ihrer Individualität im Vordergrund steht, so z.B. als Repräsentant für einen bestimmten Arbeitsbereich unter Benennung von Namen und Funktion etc.

Etwas anderes gilt, wenn zwar von einem „Bildnis“ im Sinne von § 22 KUG auszugehen ist, die Abbildung des Arbeitnehmers aber weniger individuell gestaltet ist und vornehmlich reinen Illustrationszwecken dient (z.B. Abbildung einer Arbeitnehmerin im Büro bei einem Telefonat).

Das Recht zum Widerruf der erteilten Einwilligung soll in solchen Fällen nicht schrankenlos gewährleistet sein. Das Bundesarbeitsgericht führt vielmehr aus, aufgrund einer Abwägung im Einzelfall sei zu entscheiden, ob ein Widerruf der Einwilligung in Betracht kommt oder nicht. Abzuwägen seien die arbeitgeberseitigen Veröffentlichungsinteressen und das wirtschaftliche Interesse an einer wenigstens kostendeckenden Verwertung der entstandenen Produktionskosten zu Werbezwecken mit den arbeitnehmerseitigen Interessen auf informationelle Selbstbestimmung. Das Gericht stellt klar, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Arbeitnehmers bei oder anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erstarken kann (das BAG geht in der Entscheidung vom 11.12.2014, Az. 8 AZR 1010/13, bildhaft von dem Entstehen „neuer Entscheidungskoordinaten“ aus).

Um hier nach etwaig erfolgter Widerrufserklärung des Arbeitnehmers die erforderliche Interessenabwägung überhaupt sachgerecht vornehmen zu können, muss der Arbeitnehmer seinen Widerruf begründen, auch darauf weist das BAG hin. Er muss gegenüber dem Arbeitgeber einen Grund dafür angeben, warum er nunmehr, anders als zuvor, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung jetzt gegenläufig ausüben will. Dabei wird der Arbeitnehmer immer dann besonders gewichtige Gründe anbringen müssen, wenn zwischen dem Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis und dem erklärten Widerruf ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist (BAG, Urteil vom 19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13). Nach zutreffender Auffassung des BAG ist der Umstand der zwischenzeitlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sich kein tragfähiger Widerrufsgrund.

6.-Unterlassungs- und Entfernungsansprüche von Arbeitnehmern

Veröffentlicht der Arbeitgeber Abbildungen von Arbeitnehmern auf seiner Homepage, ohne die erforderliche Einwilligung in schriftlicher Form eingeholt zu haben, oder hält er die Veröffentlichung nach wirksamen Widerruf des Arbeitnehmers aufrecht, kann der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Veröffentlichung gemäß § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB i.V.m. § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog, §§ 22,23 KUG geltend machen (BAG, Urteil vom 19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13).

In besonders gravierenden Fällen kommen auch weitergehende Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber in Betracht, so z.B. auf Bewirkung eines Schmerzensgeldes.

Praxisempfehlung:

Dem Arbeitgeber ist dringend anzuraten, jedwede Abbildungen von Mitarbeitern erst dann in die Internetpräsentation einzustellen, wenn diese zuvor die schriftliche Einwilligung erklärt haben. Dies kann auch nach Abschluss des Arbeitsvertrags erfolgen, so zum Beispiel durch Unterzeichnung einer arbeitgeberseitig vorbereiteten Erklärung.

Sollten Arbeitnehmer die Einwilligung nicht erklären bzw. finden sich auf der Internetpräsentation noch Abbildungen bereits ausgeschiedener Mitarbeiter, ist im Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Einwilligungserfordernis besteht oder aber die Abbildung des (vormaligen) Arbeitnehmers von derart untergeordneter Bedeutung ist, dass die Einwilligung bzw. nachträgliche Genehmigung entfallen kann.

 

Wir unterstützen Sie in diesen Fragestellungen gern.